Simone Burel erzählt:
„Eine Nacht im vergangenen Juni: Hohe Pieptöne reißen mich aus dem Schlaf – ein Fehlalarm bei unserem Brandmelder. Erst nach zehn endlosen Minuten kann ich das Ding zum Schweigen bringen. Doch in meinem Ohr schrillt es weiter, als hätte sich eine Grille eingenistet.
Gegen Morgen gehe ich in die Notaufnahme. Die Diagnose: Akutes Lärmtrauma. Wenn Menschen den Tinnitus drei Monate behalten, wird er chronisch, sagt der Arzt.
Was, wenn das bei mir der Fall ist? Wenn ich mein Unternehmen aufgeben muss und in Altersarmut ende?
Meine Angst macht den Tinnitus erst recht schlimm. Mit der Grille im Ohr zu arbeiten oder auch nur normal zu schlafen ist ausgeschlossen. Auch Alltagsgeräusche wie vorbeifahrende Straßenbahnen ertrage ich nicht mehr.
Es geht um Akzeptanz statt Heilung
Ich hoffe auf eine Spontanheilung und probiere von Kortison über Osteopathie bis hin zur Verhaltenstherapie und Tinnitus-Apps alle Mögliche aus.
Richtig schlimm wird es, als das Ende der drei Monate naht, von denen der Arzt gesprochen hat. Bis ich mich endlich ergebe: Es gehe um Akzeptanz, nicht um Heilung, sagt meine Atemcoachin.
Mit ihren Übungen schaffe ich es tatsächlich, den Tinnitus zeitweise auszublenden. Und ich setze Dinge um, die ich schon lange vorhatte. Ich versuche umzustrukturieren, was mich stresst, und adoptiere zwei Katzen aus der Ukraine.
Während Meetings lasse ich oft eine App mit leisem Zirpen laufen, weil das interessanterweise meine Grille im Ohr besänftigt. Inzwischen hat sie sogar einen Namen. Klaus ist jetzt ein Teil von mir. Oft hadere ich mit ihm, aber es gibt wieder mehr im Leben als nur Klaus.“