Frau Sticher, wie wirkt es sich psychisch aus, wenn ich für die Sicherheit vieler Menschen zuständig bin?
Die große Verantwortung kann viel Druck erzeugen. Wer zum Katastrophendenken neigt, ist für den Job nicht geeignet. In der Regel übernimmt man so eine Aufgabe nicht von heute auf morgen, sondern arbeitet sich ein, bis man ihr auch mental gewachsen ist. Man kann verschiedene Stressbewältigungsstrategien erlernen.
Wie denn?
Durch Erfahrung und deren Auswertung: Wenn man zum Beispiel in ein Team eingebunden ist und Ereignisse gemeinsam intensiv nachbereitet, lernt man immer weiter dazu. Die Bewältigung vieler verschiedener Situationen schafft eine Selbstwirksamkeitserfahrung, die Sicherheit gibt. Das trägt dann dazu bei, auch in schwierigen Situationen handlungsfähig zu sein. Und bei allen Berufen mit hoher Verantwortung ist es wichtig, Strategien zu entwickeln, mit denen man innerlich zur Ruhe kommt. Man sollte sich Erholungsphasen gönnen, denn niemand kann fortwährend 300 Prozent geben.
Wie kann ich damit umgehen, dass ich nicht alle Sicherheitsrisiken vorhersehen kann?
Die Krise wird vor der Krise bewältigt. Wenn man sich gut vorbereitet hat, findet man auch in schwierigen Situationen eine Lösung. Man muss zum Beispiel wissen, wer für was zuständig ist und wie man mit den unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren zielführend kommunizieren kann. Es ist wichtig, verschiedene Lösungsmöglichkeiten im Kopf zu haben, die man flexibel an eine Situation anpassen kann. Außerdem sollte man sich vor Augen halten, was man tatsächlich bewirken kann und was nicht. Das entlastet.
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Birgitta Sticher ist Professorin für Psychologie und Führungswissenschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Sie unterrichtet seit fast 20 Jahren angehende Sicherheitskräfte, Polizisten und Polizistinnen.