Gut gemeint, aber nicht hilfreich

Wenn man nicht helfen kann, ist es besser, es zu lassen. Unkonkrete oder unpassende Unterstützung sorgt für Stress.

„Mir wurde geraten, etwas genauso zu tun, wie ich es die ganze Zeit schon mache, das hat mir nicht geholfen.“ „Die Empfehlung war sicher gut gemeint, aber hat keine Rücksicht auf die Hierarchien in meinem Unternehmen genommen.“ „Anstatt mir zu sagen, wie es gehen kann, hat mein Kollege die Aufgabe einfach übernommen.“ Solche Unterstützungsversuche sind nicht unbedingt hilfreich. Und sie kommen im Arbeitsleben vor, berichten Psychologinnen und Psychologen, die eine erste wissenschaftliche Klassifikation von nicht-hilfreichem Verhalten im Arbeitsleben vorlegen. Wie sie in zwei Studien feststellen, hat dieses Verhalten negative Auswirkungen: Versuchsteilnehmerinnen und -teilnehmer der Studie berichteten von mehr Stress, beeinträchtigtem Selbstwertgefühl, erhöhter Neigung zum Burnout und mehr Frustration.  

Zunächst fragten die Forscher 116 Angestellte aus verschiedenen Branchen nach konkreten Beispielen für hilfreich gemeintes, aber im Endeffekt eher nicht förderliches Verhalten. Daraus erstellten sie eine Taxonomie mit einzelnen Kategorien, nach ihren Angaben die erste psychologische Taxonomie zu diesem Thema. Die Befragten berichteten beispielsweise von unvollständigen oder unkonkreten Anweisungen, Kritik statt Unterstützung oder nicht umsetzbaren oder auch beschämenden Empfehlungen oder von Ratschlägen, deren Umsetzung an der inkompatiblen Arbeitsweise beider Beteiligten scheiterten. Die Schilderungen dieser ersten Befragung nutzten die Forscher, um eine Skala zu entwickeln: die Unhelpful Workplace Social Support Scale (UWSSS)

Gestresst und unzufrieden

In der zweiten Studie gingen die Forscher der Frage nach, ob es zu Belastungen und Stress führt, wenn man häufiger mit solchem Verhalten konfrontiert ist. Dazu befragten sie zum einen 176 Vollzeitbeschäftigte und zum anderen knapp 500 Pflegefachkräfte und legten ihnen die neue Skala vor. Die Psychologen erfassten neben dem nicht-hilfreichen Verhalten auch, ob die Befragten unter negativen Gefühlen und Stress litten, ob ihr Selbstwertgefühl beeinträchtigt war, ob sie sich frustriert fühlten und wie zufrieden sie mit ihren Kollegen waren. Die Ergebnisse zeigen: Tatsächlich scheint gut gemeintes, aber de facto nicht hilfreiches Verhalten zu Frustrationen und Stress zu führen. Es kann sogar schädlicher sein, als wenn Unterstützung völlig ausbleibt.  

Cheryl E. Gray u. a.: Helping may be harming: Unintended negative consequences of providing social support. Work & Stress, 2020. DOI: 10.1080/02678373.2019.1695294

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