Emotionen im Job

Ob wir ein Burnout entwickeln, hängt auch von Emotionen der Kollegen ab – und davon, wie sehr wir uns mit unserem Team identifizieren.

Ein Burnout kommt nicht einfach so und auch nicht allein durch Stress und zu viel Arbeit. Vielmehr spielen dabei, wie Forschungen schon länger zeigen, auch bestimmte psychologische Mechanismen und die Beziehungen von Menschen zueinander eine Rolle. Menschen geraten leichter in eine emotionale Erschöpfung und neigen zu Zynismus, wenn sie das Gefühl haben, ihr Job sei nicht mehr so sicher wie vorher.

Aber zusätzlich verstärkt sich diese Erschöpfung deutlich und leidet das Wohlbefinden, wenn sich Angst vor Jobverlust von einem Kollegen auf andere überträgt. Das Phänomen wird in der Psychologie emotionale Ansteckung genannt. Diese emotionale Ansteckung kann nun umgekehrt vor Burnout und Erschöpfung schützen, wenn wir uns von freudigen Gefühlen unserer Kollegen anstecken lassen. Dies stellten Psychologen in einer Studie mit rund 370 US-amerikanischen Angestellten verschiedener Branchen fest.

Die Forscher ließen die Freiwilligen diverse Fragebögen ausfüllen, etwa inwieweit sie dazu neigten, sich emotional anstecken zu lassen, ob sie sich hinsichtlich ihres Jobs sicher fühlten, ob sie emotional erschöpft waren – und wie stark sie sich mit ihrem Team identifizierten.

Mein Team ist alles für mich?

Indem sie die Identifikation mit dem Team mit erhoben, stießen die Psychologen auf ein bisher kaum beachtetes Paradox: Was erwünscht ist, eine hohe Identifikation mit Arbeitskollegen, wird bei Jobunsicherheit offenbar zu einem zusätzlichen Risikofaktor für Burnout. Denn auch die Identifikation mit dem eigenen Team spielt laut dieser Studie bei der Entstehung von Burnout eine Rolle. Die Forscher stellten fest: Je stärker sich die Teilnehmer mit ihren Teams und Kollegen identifizierten, desto mehr litten sie unter dem Gefühl, der eigene Job könnte unsicher sein – denn ein tatsächlicher Jobverlust zöge es nach sich, dass Mitarbeiter neben dem Job auch ihre Kollegen verlieren, denen sie sich emotional sehr verbunden fühlen.

Ausgleich suchen

Die Autoren schlagen vor, dass das Wissen über psychologische Zusammenhänge und den richtigen Umgang mit Emotionen in Unternehmen und Organisationen mehr berücksichtigt werden sollte: Arbeitgeber könnten Mitarbeiter, etwa in betrieblichen Gesundheitsprogrammen, darin unterstützen, diese psychischen Mechanismen in ihrer persönlichen Situation besser einzuschätzen und ihnen beispielsweise deutlich machen, wie sehr Emotionen anderer uns alle beeinflussen. Und wie sehr eine Ansteckung mit positiven Gefühlen uns vor einem Burnout schützen kann. Für jeden von uns eignet sich eine Empfehlung, die in der Psychologie schon lange gilt: Überidentifikation mit nur einem Team oder nur einer Abteilung, aber auch nur einer Person im Privatleben ist ungünstig. Gesünder sei es, sich stattdessen über Arbeit und Partnerschaft hinaus Tätigkeiten und Gleichgesinnte zu suchen, mit denen wir uns wohlfühlen.  

Laura Petitta, Lixin Jiang: How emotional contagion relates to burnout: A moderated mediation model of job security and group member prototypicality. International Journal of Stress Management. Advance online publication, 2019. DOI: 10.1037/str0000134

Artikel zum Thema
Manche Menschen haben eine ganz besondere emotionale Ausstrahlung. Psychologen nennen das „affektive Präsenz“.
Nicht wenige Menschen arbeiten auch, wenn sie sich gesundheitlich angeschlagen fühlen. Das kann problematisch sein, muss es aber nicht immer.
Psychologie nach Zahlen: Ein internationales Forschungsteam hat sieben Faktoren zusammengetragen, wann und warum wir in Tränen ausbrechen.
Anzeige
Psychologie Heute Compact 79: Das Leben aufräumen