In seinem Buch The Feeling of Effort schrieb der US-amerikanische Psychologe und Philosoph William James (1842 bis 1910), dass wir nur dann begännen, intensiv zu denken, wenn wir mit inneren Konflikten oder kniffligen Entscheidungen und Problemen konfrontiert seien. Sind Menschen wirklich so denkfaul? Dieser Frage gingen die Psychologinnen Louise David und Eliana Vassena sowie ihr Kollege Erik Bijleveld in einer Metaanalyse nach. Das Ergebnis: offenbar ja. Menschen finden intensives Denken unangenehm, und zwar umso mehr, je stärker sie dabei beansprucht werden.
Die Autorinnen und der Autor fanden keinen Hinweis darauf, dass es Personen gibt, die sich wirklich gerne mental anstrengen. Sie sehen damit auch die Studien zur Persönlichkeitseigenschaft need for cognition infrage gestellt, die der US-Psychologe John T. Cacioppo entwickelt hat – seine These: Manche Menschen hätten ein besonderes Bedürfnis danach und Freude daran, intensiv nachzudenken.
Alle für die Metaanalyse ausgewählten Studien aus mehreren Kontinenten und Ländern hatten zur Erfassung der Arbeitsbelastung, des Erlebens sowie der mentalen Anstrengung das Instrument NASA-TLX eingesetzt. Als eines von sehr wenigen Tools erfasst es positive wie negative Affekte während der Bearbeitung von Aufgaben. Außerdem wurden Bildung, Berufserfahrung und Art der Aufgaben, die in den Studien bearbeitet wurden, berücksichtigt.
Die Forscherinnen und der Forscher schlussfolgern: Menschen gehe es beim intensiven Denken offenkundig mehr um die Belohnung, etwa das Erreichen eines Ziels, und weniger um die kognitive Anstrengung an sich.
Quelle
Louise David u.a.: The unpleasantness of thinking: A meta-analytic review of the association between mental effort and negative affect. Psychological Bulletin, 2024. DOI: 10.1037/bul0000443