Zuversicht, wer sehnte sich nicht danach – gerade in der heutigen Zeit? Zuversicht als „Die Kraft, die an das Morgen glaubt“: In ihrem gleichnamigen Buch will Melanie Wolfers dazu einladen, der Diagnose des Frankfurter Zukunftsinstituts, der zufolge das soziale Klima in Deutschland geprägt sei von Gefühlen der Ohnmacht und Orientierungslosigkeit, von Überforderung und Überreizung, die heilende Kraft der Zuversicht entgegenzusetzen.
Tatsächlich gelingt es der Autorin, in ihrem Text nicht nur von Zuversicht zu sprechen, sondern diese auch zu vermitteln – nicht beschönigend, nicht missionarisch, sondern durch lebenserfahrene Klugheit und einen ansteckenden Schwung, die den Text durchdringen.
Anschaulich erläutert sie anhand von Experimenten und Beispielen, wie wir selbst durch die Bereitschaft zu Offenheit unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit mitgestalten können im Sinne der gewitzten Schlussfolgerung von Karl Valentin: „Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.“
Wir können uns, so Wolfers, entscheiden, ob wir zuversichtlich oder düster auf die Welt blicken. Auch wenn das nicht allen gleichermaßen möglich ist, zumuten könnten sich das „Risiko Zuversicht“ sicher mehr Menschen, als dazu bereit sind. Nicht zufällig fällt der Begriff „Resilienz“ bei Wolfers nur einmal: Weil Zuversicht keine gewährte Gabe ist, sondern – auch – das Ergebnis von innerer Arbeit.
Ansteckende Überzeugungskraft
Präzise und differenziert charakterisiert die Autorin die Qualitäten, die es dabei braucht: Geduld, Realitätsnähe, und, ganz wichtig: Vertrauen. Denn wer sich seinem Bedürfnis unterwirft, Kontrolle auszuüben, beraubt sich der wichtigsten Quelle für Zuversicht: der Bereitschaft, dem Ungewissen zu trauen. Dabei darf Zuversicht nicht verwechselt werden mit einem wohlfeilen „Wird-schon-werden“-Optimismus. Sie fordert die Selbstverpflichtung, die jeweilige Lage nüchtern zu betrachten und Verantwortung dafür zu übernehmen, dass sie sich zum Besseren wendet.
Es macht die Überzeugungskraft dieses Buches aus, dass solche Begriffe bei Wolfers nicht naiv oder pastoral wirken, sondern motivierend. Weil deutlich wird, dass der Mut zur Zuversicht in mehrere Richtungen wirkt: Zuversichtlich auftretende und agierende Menschen können nicht nur unheilvolle Zustände aufhalten oder sogar korrigieren, sie erleben auch Selbstwirksamkeit und Verbundenheit mit der Gemeinschaft.
Melanie Wolfers ist Philosophin, promovierte Theologin und Ordensfrau. Das tritt erst im letzten Viertel ihres Plädoyers deutlicher hervor. Spirituell orientierte Leserinnen und Leser werden viel Vertrautes erkennen, abschrecken lassen sollte sich niemand von diesem religiösen Kontext. Selbst politische Aktivistinnen und Aktivisten können hier Unterstützung finden, um ihren Protest aufrecht zu erhalten, ohne sich selbst auszulaugen. Das Buch ist getragen von einem klaren, offenen Blick und ansteckender Überzeugungskraft.
Melanie Wolfers: Zuversicht. Die Kraft, die an das Morgen glaubt. bene! Verlag. München 2021, 157 S., € 14,–.