„Schwarze sind dümmer als Weiße.“ Neben ihrer bitter diskriminierenden Wirkung haben Stereotype wie dieses auch subtile psychologische Effekte, die fatalerweise in eine selbsterfüllende Prophezeiung münden. Nach der Theorie des stereotype threat sind diese Vorurteile bei den Betroffenen unterschwellig immer präsent. Werden sie angetippt, weckt dies die Furcht, das Stereotyp zu bestätigen. Die Folge: Man traut sich nichts zu, verkrampft – und schneidet deshalb tatsächlich schlechter ab.
Diese Hypothese testeten die Psychologen Claude Steele und Joshua Aronson 1995 in einer Serie von raffinierten Experimenten an der Stanford University. Die 269 schwarzen und weißen Studentinnen und Studenten, die daran teilnahmen, hatten es allesamt an diese renommierte Hochschule geschafft. Zu Selbstzweifeln an ihren intellektuellen Fähigkeiten gab es also keinen Anlass. Nun aber mussten sie eine Reihe schwerer sprachlicher Intelligenzaufgaben bewältigen. Dies wurde ihnen vorab entweder als „Test Ihrer verbalen Fähigkeiten und Beschränkungen“ angekündigt – oder harmlos als allgemeine Studie über „psychologische Faktoren beim Problemlösen“. Nur im ersten Fall, so die Annahme, würde der Test bei den schwarzen Teilnehmenden die Furcht vor dem Vorurteil vom minderbemittelten Afroamerikaner wachrufen und sich im Testergebnis niederschlagen.
Dies bestätigte sich. Die schwarzen, nicht aber die weißen Studierenden schnitten schlechter ab, sobald sie sich in einer Testsituation wähnten. Wurden die Aufgaben hingegen bloß als Studie deklariert, gab es keine nennenswerten Leistungsunterschiede zwischen den beiden Gruppen. Schon wenn sie im Fragebogen ihre Hautfarbe ankreuzen mussten, reichte dies bei den schwarzen Studierenden aus, um das leistungshemmende Stereotyp zu triggern.
2015 Flore & Wicherts: Laut Metastudie kaum eine Beeinflussung der Matheleistung von Mädchen durch stereotype threat
2002 Susan Fiske identifiziert zwei Grunddimensionen von Stereotypen: die Kompetenz und die Wärme, die man Personen zuschreibt
1995 Claude Steele und Joshua Aronson zeigen, wie lähmend Stereotype wirken
1976 Hamilton & Gifford: Störende Verhaltensweisen springen ins Auge und bestärken Stereotype (Scheinkorrelation)
1969 Chapman & Chapman: Im Widerspruch zu psychiatrischen Anekdoten deuten schwule Männer Rorschach-Kleckse nicht anders als Heteros
1922 Walter Lippmann beschreibt Stereotype als vereinfachende Faustregeln in einer komplexen sozialen Welt