Dass Geschwister sich miteinander vergleichen, liegt nahe, sie wachsen meistens im selben Haushalt auf und bekommen viel voneinander mit. Studien haben gezeigt, dass schon Drei- bis Fünfjährige gut einschätzen können, ob die Schwester oder der Bruder fähiger und besser ist als sie selbst. Die Erfolgreicheren wollen sich in der Regel der Zuwendung der Eltern vergewissern.
Für den weniger talentierten Bruder oder die glücklose Schwester fühlt sich das nicht gut an. Ein Forschungsteam befragte Erwachsene nach ihren Erfahrungen mit Geschwistervergleichen. Diejenigen, die erzählten, dass sie sich ihren Schwestern oder Brüdern unterlegen fühlten, weil sie beruflich weniger erfolgreich waren oder ein Geschwisterteil talentierter war, litten sehr darunter, und zwar am meisten, wenn die Eltern entsprechende Bemerkungen gemacht hatten. Nach den Eltern hatten die Forscherinnen und Forscher aber bewusst gar nicht gefragt, um herauszufinden, ob die Befragten sie von sich aus erwähnen würden – was ein Drittel auch tat.
Es wurden insgesamt 488 Personen gebeten, von Vergleichen mit ihren Geschwistern zu berichten. Jemand schrieb: „Meine Schwester weiß auf ihrem wissenschaftlichen Gebiet alles, sie hat mehrere Preise gewonnen. An einem Abend, als wir beide anwesend waren, sprach meine Mutter über die Begabung meiner Schwester, sie redete die ganze Zeit nur von ihr. Über das, was ich mache, über meine Expertise sagte sie nichts. Ich fühlte mich schrecklich.“
Claire Midgley u.a.: “Mom always liked you best!”: Concern for parental regard in sibling comparisons. Self and Identity, 2022. DOI: 10.1080/15298868.2022.2091016