Mittelpunkt und Akteur ist der große Bruder, der die Gruppe zusammenhält. Die drei jungen Leute wollen noch in einen weiteren Klub gehen. Er kann es nicht lassen, andere zu informieren, posaunt aus, wo sie hingehen wollen, während seine Begleiterin und der zweite Mann lieber gleich losziehen würden. Ihnen geht auf die Nerven, dass er sich so wichtig machen muss, aber es bringt in ihren Augen nichts, sich da einzumischen, er ist eben so, wie er ist.
Vielleicht läuft etwas zwischen den beiden, die so unbeteiligt scheinen. Er findet sie attraktiv, schaut aber lieber nicht zu oft nach ihr, denn es soll nicht auffallen. Sie ist die Freundin seines großen Bruders. Klammheimlich denkt er daran, wie es wäre, sie diesem auszuspannen, manchmal hat er auch den Eindruck, dass sie ein wenig mit ihm flirtet, aber er wird auf keinen Fall den ersten Schritt tun.
Was könnte Ihre Bildbeschreibung mit Ihnen persönlich zu tun haben?
Das Bild hat mich an meine eigene Jugend erinnert, erste Erfahrungen mit dem Knüpfen von Beziehungen, wo Ältere genau beobachtet werden: Wie machen die das?
Ich bin mit einem zwei Jahre älteren Bruder aufgewachsen, der in diesem Punkt aber viel weniger wichtig war als mein bester Freund in den letzten Gymnasialklassen, der fünf Jahre älter war als ich. In meiner Erinnerung an diese Zeit bin ich dem eher passiv und zurückgezogen wirkenden Mann rechts auf dem Bild viel näher als dem Protagonisten in der Mitte. Das hat sich später verändert, ich habe in dieser Hinsicht sehr von Selbsterfahrungsgruppen und einer Gruppenanalyse profitiert.
Dr. Wolfgang Schmidbauer arbeitet als Autor und Psychoanalytiker in München. Sein Buch Animalische und narzisstische Liebe. Zur Paaranalyse der romantischen Bindung ist 2023 bei Klett-Cotta erschienen.