Frau Herr, wie häufig sind Angriffe auf Rettungskräfte?
Das ist schwer zu sagen, da sie nicht zentral erfasst werden. Laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik steigen die Zahlen, aber wahrscheinlich werden heute mehr Taten angezeigt als früher – wenn auch immer noch nicht alle. Studien haben ergeben, dass pro Woche acht Prozent der Rettungskräfte körperlich angegriffen werden und ein Drittel verbal.
Was sind die psychischen Folgen?
Es nagt am Selbstverständnis. Man möchte Gutes tun und wird dabei angegriffen. Manche Rettungskräfte erleben Belastungsreaktionen wie schlechten Schlaf, Reizbarkeit oder das Gefühl, nur noch als äußere Hülle ihren Dienst zu tun. Verbale Angriffe sind übrigens mindestens ebenso belastend wie körperliche.
Was hilft den Betroffenen?
Rückendeckung von ihren Vorgesetzten, eine Kultur, in der sie offen über die Vorfälle sprechen können, und null Toleranz gegenüber Gewalt. Auch ein Gewaltschutztraining kann hilfreich sein. Dabei lernt man zum Beispiel, riskante Situationen zu erkennen, zu deeskalieren und Handgriffe, mit denen man sich notfalls befreien kann.
Gibt es auch Strategien für den Berufsalltag?
Rettungskräfte können sich bewusstmachen, dass sie mit dem Anlegen der Uniform eine Rolle übernehmen und Angriffe sich gegen diese Rolle richten. Manchen hilft ein kleines Ritual am Ende der Schicht, um die Rolle abzulegen und mit dem Dienst abzuschließen. Etwa ein kleiner Spaziergang nach Schichtende.
Wollen Sie mehr zum Thema erfahren? Dann lesen Sie gerne auch den Erfahrungsbericht eines Notfallsanitäters aus Rheinhessen über Gewalt im Dienst in „Wie komme ich hier heil wieder raus?“
Anne Herr ist Psychologin und hat zum Thema Gewalt gegen Rettungskräfte geforscht. Sie arbeitet beim NRW-Gewaltschutznetzwerk #sicherimDienst.