Frau Professorin Rademacher, gibt es Arbeitsumfelder, die Arbeitssucht begünstigen?
Menschen, die viel Verantwortung tragen, haben ein höheres Risiko, an Arbeitssucht zu erkranken, als andere. Außerdem gibt es in Unternehmen ohne Betriebsrat mehr Arbeitssüchtige. Ein Betriebsrat scheint eine gewisse Schutzfunktion zu haben, weil er zum Beispiel die Einhaltung der Arbeitszeiten, Pausenregelungen und betriebliches Gesundheitsmanagement unterstützt.
Wie erkenne ich Arbeitssucht bei mir selbst?
Klassische Symptome einer Abhängigkeit sind zum Beispiel, wenn Sie nicht aufhören können zu arbeiten, heimlich arbeiten und Partnerschaft, Familie und Beziehungen darunter leiden. Man unterscheidet zwanghaftes und exzessives Arbeiten. Zwanghaft heißt: Ich kann nicht unproduktiv sein. Ich muss immer etwas tun, nicht nur im Beruf, sondern auch in der Freizeit. Exzessives Arbeiten bedeutet, dass man sich dauernd mehr und mehr auflädt. Beide Aspekte müssen erfüllt sein, wenn man von Arbeitssucht spricht.
Was kann ich vorbeugend tun?
Nehmen Sie sich bewusst Zeit, um über Ihren Arbeitsstil nachzudenken. Und suchen Sie sich etwas außerhalb Ihres Berufslebens, das Ihnen Anerkennung und Wertschätzung gibt. Ihr Selbstwertgefühl sollte nicht allein durch Arbeit aufgebaut werden.
Wo finde ich Hilfe?
Je nach Schwere des Falls durch Coaching, therapeutische Begleitung oder einen Klinikaufenthalt. Selbsthilfegruppen haben ebenfalls eine wichtige Funktion, weil man sofort einsteigen kann und merkt, dass man mit dem Problem nicht allein ist.
Lesen Sie hier aus erster Hand, wie Arbeitssucht das Leben einschränken kann:
Erfahrungsbericht: "Jede Pause kostet mich Überwindung"
Ute Rademacher ist Professorin für Markt-, Konsumenten- und Medienpsychologie an der Hochschule Emden/Leer und die Autorin des Buches Arbeitssucht. Workaholismus erkennen und verhindern. Springer Gabler 2017.