Hatice Schmidt erzählt:
„Ich werde oft gefragt: ‚Wie schaffst du es, deine Arbeit so unermüdlich durchzuziehen?‘ Aber ich kann nicht einfach sagen: ‚Heute chill ich mal.‘ Für mich ist es immer noch ein Überlebenskampf. Ich habe Angst davor, dahin zurückzukommen, wo ich herkomme – eine Kindheit, geprägt von Armut und Gewalt.
Eine Zeitlang hat mich meine Angst ständig beschäftigt, bis mir ein Therapeut gezeigt hat, wie ich mich beruhigen kann. Wenn ich doch mal wieder nachts schweißnass aufwache, atme ich bewusst und drücke meine Hände, um in der Realität anzukommen. Ich sage mir: ‚Das Konto ist gedeckt. Hier ist keine Gefahr.‘
Träume als Schutzschild
Auch meine Träume haben mir geholfen. Als Kind habe ich mir ein besseres Leben ausgemalt und dabei reale Ideen zum Geldverdienen entwickelt. Ich habe etwas für den Hausmeister erledigt oder Sachen aus dem Müll gekramt und verkauft.
Mein Therapeut sagt, meine Träume waren mein Schutzschild. Gleichzeitig haben sie auch mit meiner Angst zu tun: Ich will Unternehmerin sein, das ist mein Lebenstraum; aber als ich angefangen habe, ihn zu verwirklichen, sind meine Ängste aufgetreten.
Mein Mann ist ganz anders. Er stammt aus einer behüteten Familie und hat das Vertrauen, dass sie ihn auffängt, was auch passiert.
Ich konnte dieses Vertrauen nie entwickeln. Deshalb bin ich froh, mit meinem Mann zusammen zu sein. Inzwischen sind wir auch beide Geschäftsführer. Ein Teil meiner Angst wird wohl für immer bleiben. Aber ich kann den Ansporn, der sich daraus ergibt, jetzt teilweise positiv sehen. Meine Vergangenheit ist ein Teil von mir.“