Was sehen Sie hier, Dietmar Wischmeyer?

Ein Bild, zwei Fragen: Einem Mann auf einem zu kleinen Jugendfahrrad wird ein Hohlbaustein feilgeboten. Aha… Was fällt Dietmar Wischmeyer dazu ein?

Die Illustration zeigt zwei Männer im Gespräch vor einer Stadtkulisse
Inmitten des Industriegebiets der Stadt treffen sich zwei Männer auf ihren Fahrrädern. Und verhandeln um einen Hohlbaustein? © Andrea Ventura für Psychologie Heute

„Wer malt so einen Mist? Die KI? Allmählich war ich sauer, das war schon der zwölfte absurde Vorschlag für das Buchcover, den mir der Verlag machte. Es gab immerhin genug Platz für Autorennamen und Titel in der hellblauen Fläche. Aber das Motiv: Ein junger Radfahrer hält einen Hohlbaustein in der Hand und bietet ihn offensichtlich einem etwas älteren Mann auf einem zu kleinen Jugendfahrrad an.

‚Das hat die Agentur nach unserem Briefing malen lassen‘, versuchte jemand meinen aufkommenden Zorn zu bremsen. Und was hat das mit dem Buchtitel zu tun? ‚Nix, das ist ja der Witz, dieses Irritationsmoment beim Käufer.‘ ‚Genau‘, kam es aus einer anderen Ecke, ‚außerdem hat das Motiv was von einem Pink-Floyd-Cover.‘ Nur dass es kein Pink-Floyd-Album ist, sondern ein stinknormales Witzebuch.

‚Okay, das ist ein Punkt, aber versuchen wir mal, out of the box zu denken: Das Motiv macht doch was mit uns, oder?‘ Ja, ich werde sauer. Da kann man genauso gut einen Rentner mit einem fetten Karnickel auf dem Schoß nehmen. ‚Super Alternative! Ein Rentner mit einem Riesenkarnickel auf dem Schoß, das hat was, das ist total trashig, aber gerade deswegen cool, wisst ihr, was ich meine?‘ Nein, weiß ich nicht, es war nur als Beispiel gedacht für ein noch bescheuerteres Motiv. ‚No Sir, jetzt keine Angst vor der eigenen Courage, wir wollen dein Motiv. Du hattest recht, wir waren nur noch nicht so weit. Lui­sa, machst du bitte das Briefing für die Agentur fertig, sag nur fettes Karnickel und Rentner, bin total gespannt, wie die das umsetzen.‘“

Was könnte Ihre Bildgeschichte persönlich mit Ihnen zu tun haben?

„Offensichtlich ist der Autor nicht in der Lage, sich an Spielregeln zu halten. Eine Geschichte, zu der das Bild die Illustration sein könnte, war gewünscht – stattdessen wird nicht das Abgebildete, sondern das Bild selbst in einen erzählten Zusammenhang gesetzt: Sieht nach kindlicher Trotzhaltung aus. Ich habe mich hier ‚Autor‘ genannt, weil ich diesen Charakterzug an mir nicht mag. Sich von sich selbst zu distanzieren ist aber auch albern. Was soll’s, ist nicht so wichtig.“

Dietmar Wischmeyer ist Satiriker, Kolumnist, Autor. Sein jüngstes Buch, auf dem seltsamerweise ein riesiges Kaninchen zu sehen ist, trägt den Titel Immer is was, nie is nix.

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 4/2024: Meine perfekt versteckte Depression
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