Die Römer machten verrückte Sachen – wie spazieren zu gehen. Zeitgenossen aus anderen Kulturen war das römische Schlendern und Flanieren bisweilen unbegreiflich. So beobachteten die angestammten Bewohner der Iberischen Halbinsel das Treiben der Römer mit Verwunderung. Denn den Iberern diente das Gehen stets einem konkreten Ziel. Herumspazieren als alltägliches Vergnügen schien ihnen absurd.
Heute halten wir es generell wie die Römer: Gemütliches Spazieren, legeres Schlendern gilt als ein beliebter Zeitvertreib. Doch eine amerikanische Studie an der Ohio State University in Columbus legt nun nahe, dass das ziellose Herumspazieren unserem Wohlbefinden weniger guttut als der Spaziergang mit einem konkreten Ziel – etwa zum Supermarkt.
Die Forscher Gilsu Pae und Gulsah Akar analysierten Angaben aus dem amerikanischen National Household Travel Survey von 2017: Knapp 126000 Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren hatten hier unter anderem festgehalten, welche Entfernungen sie täglich zu Fuß, mit dem Auto oder mit einem anderen Verkehrsmittel zurücklegten. Fragen zu ihrem subjektiven Wohlbefinden und ihrer Gesundheit waren ebenfalls Teil der landesweiten Umfrage.
Alltagsverhalten ändern
Wie sich herausstellte, schritten die Teilnehmer je nach Anlass mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten voran. „Am schnellsten marschierten die Probanden, wenn sie zu ihrem Arbeitsplatz unterwegs waren“, berichten die beiden Wissenschaftler. Doch die Fußgänger empfanden das stramme Tempo nicht etwa als Stress und Hetze, sondern sogar als belebend. „Gerade der Fußweg zur Arbeit war mit einem höheren Wohlbefinden verbunden als alle anderen Formen des Gehens und Spazierens“, schreiben die Forscher.
Pae und Akar halten das für eine vielversprechende Beobachtung: „Besonders jene Personen, die für eine kurze Anreise zur Arbeit das Auto benutzen, könnte unsere Studie dazu einladen, ihr Alltagsverhalten zu ändern und die gesündere wie wohltuendere Option zu wählen.“ Der Spaziergang zur Arbeit sei eine Möglichkeit, auf einfache Weise Bewegung in ein Tagwerk zu bringen, das man größtenteils sitzend erledigt.
DOI: 10.1016/j.jth.2020.100901