Silke Burmester erzählt: „Die Frage, was kommt, wenn mein Kind erwachsen ist, war für mich lange angstbesetzt. Mit diesem ‚Danach‘ hatte ich keine Erfahrung, aber ich wusste: Es ist ultimativ.
Mein Sohn war 19, als er auszog – 19 Jahre war er immer bei mir gewesen. Ich hatte Angst, dass sich unsere gute Beziehung auflösen könnte.
Sorgen machte mir auch, ob er wichtige Dinge hinbekommen würde. Noch 75 Minuten vor seiner Abiprüfung hatte er im Bett gelegen und musste dann auch noch zum Copyshop – ich hätte schreien können. Wie würde er Termine jetzt gebacken kriegen?
Mein Sohn zog in eine WG in der Nähe, aber ging mir gegenüber total auf Abstand. Manchmal traf ich ihn zufällig auf der Straße. ‚Am Sonntag koch' ich was‘, bot ich an. ‚Das ist nett, ich schau mal‘, sagte er. Und kam doch nur noch, um etwas Vergessenes abzuholen.
Meine extremen Gefühle von Angst, Verlust und Kränkung habe ich ihm gegenüber nie thematisiert. Ich fand das nicht adäquat. Lieber suchte ich Zuspruch bei meiner Freundin. Es war sehr beruhigend, dass sie als Außenstehende fand, dass sich alles gut entwickle.
Trotzdem hat gegen die Angst letztlich nur die Zeit geholfen. Erst später habe ich verstanden, dass mein Sohn zwei Jahre Abstand gebraucht hat, um allein seine Wäsche zu verfärben und sich auszusperren.
Inzwischen meldet er sich wieder öfter. Weil er so wie sein Vater und ich Journalist werden will, ist etwas Neues entstanden: Es hat etwas sehr Verbindendes, wenn er mich beruflich um Rat fragt. Und wenn ihm die Praktikumsstelle anbietet weiterzuarbeiten, denke ich froh: Er steht gut im Leben!“