Wie verändert sich die Paarbeziehung nach der Geburt von Kindern?
Leider verschlechtern sich etwa 60 Prozent der Liebesbeziehungen nach der Geburt des Kindes wesentlich. Das Eingehen auf die Bedürfnisse des Partners, die gemeinsame Kommunikation und das Gefühl, zusammen durchs Leben zu gehen, erleben viele als deutlich schlechter. Bei einem Drittel der Paare ändert sich die Liebesbeziehung allerdings nicht, und nur etwa zehn Prozent der Paare geht es in ihrer Partnerschaft besser als vor der Geburt.
Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede?
Frauen, die eine Verschlechterung der Paarbeziehung erleben, beklagen sich insbesondere über fehlende Unterstützung und mangelnde Kommunikation. Männern fehlt häufig die Einbeziehung in die Erziehung und die Zweisamkeit. Generell gibt es mehr Mütter als Väter, die das Zusammensein mit ihren Babys und Kleinkindern als erfüllend erleben.
Was ist aus Ihrer Sicht notwendig, damit Paare den Übergang zur Elternschaft gut meistern?
In der Beziehung zu einem Kind und in der Erziehung eines Kindes tauchen starke eigene Emotionen bei beiden Partnern auf, über die sie miteinander reden sollten. Beide Eltern wollen ihren Kindern etwas ganz wichtiges Eigenes und Persönliches mitgeben. Die Elternpaare sollten sich darüber austauschen, welche Werte sie ihren Kindern vermitteln wollen und wie sie aus diesen persönlichen Werten eine gemeinsame Elternallianz bilden können.
Paare ohne Kinder lösen ihre Konflikte oftmals so, dass jeder seine Bedürfnisse erfüllen kann und jeder möglichst wenige Kompromisse eingehen muss. Eltern müssen aber permanent gemeinsam Entscheidungen treffen und angesichts knapper Ressourcen trotzdem gegenseitig auf die Bedürfnisse des anderen eingehen lernen. Einige Konflikte werden eher unter der Perspektive „Entweder ich oder du“ betrachtet. Die Kunst besteht darin, weiterhin nach Lösungen in der „Sowohl ich als auch du“-Form zu suchen.
Was sind die häufigsten Fehler, die junge Eltern machen?
Eltern geraten schnell in gegenseitige Vorwurfsspiralen, aus denen sich manche nur schwer herauslösen können. Solche typischen wechselseitigen Vorwürfe könnten etwa lauten: „Da du mich nicht in die Erziehung einbeziehst, unterstütze ich dich nicht.“ Wenn Eltern sich nicht aus den Vorwurfsspiralen lösen, beginnt schnell eine generelle Verweigerungsspirale wichtiger Bedürfnisse, und das Erleben einer gemeinsamen Identität als Elternpaar gelingt nur schwer.
Was können Paare konkret tun, damit der Beginn der Elternschaft nicht der Anfang vom Ende der Liebesbeziehung ist?
Paare sollten gemeinsam Zeit zu zweit verbringen. Sie sollten sich gegenseitig gute Motive in Erziehungsfragen unterstellen und herausfinden, was dem anderen wirklich wichtig in der Erziehung ihres Kindes ist. Last but not least: Paare müssen lernen, gut miteinander zu kommunizieren und einvernehmliche Kompromisslösungen zu finden, in denen die Bedürfnisse von beiden vorkommen.
Carsten Bromann ist Diplompsychologe, systemischer Familientherapeut (SG), Paartherapeut, Familienmediator (bke) und Gesamtleiter für integrierte AWO-Familienberatungsstellen in der Region Braunschweig mit den Schwerpunkten Ehe-, Familien-, Lebens- und Erziehungsberatung
Carsten Bromanns Buch Eltern-Paare gut beraten ist bei Beltz Juventa erschienen (185 S., € 16,95)