„Meine Eltern schliefen mit Pistolen neben ihren Betten, die sie womöglich auch gegeneinander gerichtet hätten.“ Marina Abramovic ist eine der 33 Künstlerinnen und Künstler, die Gesine Borcherdt nach ihrer Kindheit befragt hat. In Dream on Baby. Wie viel Kindheit steckt in Kunst? fördert die Kunstkritikerin frühe biografische Ereignisse zutage: tragische, mitunter auch komische Erfahrungen, die allesamt zu Auslösern oder Triebfedern wurden für den Wunsch, Kunst zu machen.
Der Künstler und Filmemacher Ai Weiwei etwa schildert seine harte Kindheit, in der er mit seiner Familie in „Kleinsibirien“ in einem diwozi, einer unterirdischen Behausung ohne Licht und Wasser lebte. Für ihn ist Kunst „ein Schutzmechanismus und eine Zuflucht“. Doreen Lynette Garner, die unter ihrem Künstlernamen „King Cobra“ arbeitet, stellte nach dem Tod ihrer Schwester ihr ganzes Leben infrage. Heute schafft sie verstörende Gebilde und Performances, die den Rassismus einer grausamen Medizingeschichte spiegeln.
Gesine Borcherdt: Dream on Baby. Wie viel Kindheit steckt in Kunst? starfruit publications, 352 S., € 32,–