Die Aufmerksamkeit zurückerobern

Zerstreuung und Ablenkung lauern heute überall, vor allem im Digitalen. Wie können wir es schaffen, uns wieder besser zu konzentrieren?

Eine junge Frau sitzt nachdenklich an ihrem Arbeitsplatz am PC und ist dabei ganz fokussiert auf die Arbeit
Zu viele Informationen: Unser Gehirn ist wie ein volles Glas Wasser, das irgendwann einfach überläuft. © plainpicture

Um uns herum herrscht Chaos. Zehn Minuten im Facebook-Newsfeed und schon erfahren wir in Echtzeit von Entgleisungen österreichischer Politiker und 50-spurigen chinesischen Superstaus. Wir wissen, dass zu viel Regen große Gebiete Afrikas überschwemmt und zu wenig davon Kalifornien austrocknet. Krieg, überall Krieg, der Untergang der Welt. Bachelors und Dschungelcamper. Warum die Grenzen dicht und warum sie offen sein müssen. Und warum wir ohne das neue Trendgemüse nicht mehr leben sollten.

Dass die verfügbaren Informationen im Internet unendlich sind, macht den Verarbeitungsprozess noch vertrackter. Denn wenn eine Information es schafft, unsere höhere Aufmerksamkeit zu erwecken, dann klicken wir uns durch widersprüchliche Quellen, müssen Glaubwürdigkeiten verteilen und schließlich entscheiden, wann wir uns mit dem nie je vollständigen Wissen zufriedengeben wollen.

Irgendwann ist unser Gehirn wie ein volles Glas Wasser, das mit jedem zusätzlichen Tropfen einfach überläuft. Das menschliche Gehirn ist laut dem amerikanischen Neurowissenschaftler Daniel J. Levitin darauf ausgelegt, sämtliche verfügbaren Informationen hungrig aufzusaugen. Das führt zu einem Konkurrenzkampf um die Aufmerksamkeitsreserven, denn die sind begrenzt.

Dabei hilft Bewusstheit über das eigene Handeln, Ordnung in den Geist zu bringen. Der Informatiker David M. Levy forscht seit mehr als zehn Jahren an der University of Washington zu der Frage, wie man die Ablenkungen von sich fernhalten beziehungsweise deren negative Konsequenzen minimieren kann. Dafür dürfe man nicht weitermachen wie immer, sondern müsse sich genau beobachten: „Wenn wir nachspüren, was wir in unserem Körper, in unseren Gedanken und Gefühlen erleben, wenn wir online sind, entdecken wir schnell, wann und warum wir den Faden verlieren“, sagt Levy.

Mit einer gezielten Aufmerksamkeit auf Atem, Haltung, Gefühle, Gedanken und Verspannungen würden sich viele zum Beispiel bewusst, dass sie die Luft anhalten oder nervös werden, während sie hin und her klicken, statt ihre Arbeit zu tun. Dieser Moment zählt: „Allein die Erkenntnis, dass ich ohne Sinn und Verstand durch meinen Facebook-Newsfeed scrolle, ist viel wert. Ich merke dann vielleicht, wie angespannt ich bin, und mir wird bewusst, dass das an der E-Mail liegt, die ich gerade bekommen habe. Wichtig ist, dass ich den Moment erkenne, an dem ich meinen Fokus verloren habe und an dem ich die Wahl hatte, zu meiner Arbeit zurückzukommen. “

Weitere Tipps für eine bessere Konzentration finden Sie im vollständigen Beitrag Wie erobern wir unsere Aufmerksamkeit zurück? aus unserem aktuellen Themenheft der Reihe Psychologie Heute compact: Vom Glück des Weniger: Zu viel Leistungsdruck, zu viel Konsum, zu viel im Internet: Wie wir runterschalten und erfüllter leben. 

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute Compact 58: Vom Glück des Weniger
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