Doris, die gerne ihren echten Namen in der Zeitung lesen möchte, verkörpert all das, was eine typische Berlinerin ausmacht: geboren in der rheinischen Provinz, in jungen Jahren in die Großstadt „geflohen“ (sie legt Wert auf diesen Ausdruck, weil sie ihn romantisch findet), auf der Suche nach mehr „Glanz“ in ihrem Leben. Sie wirkt in vielem, als sei sie aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts in die Gegenwart gefallen. Mit ihrer Ausstrahlung hätte sie vermutlich jederzeit ungeschminkt eine Nebenrolle in Babylon Berlin spielen können. (Sie selbst findet, die Hauptrolle hätte es auch getan.)
Bei aller Liebe zum wilden Leben (zwischen Statistinnenschauspielerei, Gelegenheitsjobs, ein bisschen Prostitution, seltsamen WGs, dem Hotel Adlon, KitKatClub – statt Moka Efti – und einer Vielzahl von kleinen, großen und Gar-nicht-Lieben, Melancholie und Champagner) möchte sie bei mir ein wenig Übersicht gewinnen. Bevor wir anfangen, solle ich aber zunächst ihr Tagebuch lesen. Nach dieser Lektüre rate ich ihr, lieber weiterzuschreiben, als sich von einer Therapie eine Ordnung zu erhoffen, die sie dann doch nicht glücklich machen würde. Sie stimmt mir etwas verdutzt zu und dankt mir überschwänglich: So was habe ihr noch nie ein Mann… Ach, danichfür. Sie grinst, ich grinse. Bevor sie geht, frage ich sie noch, ob sie nicht vielleicht einen Roman aus ihren Aufzeichnungen machen möchte? Berliner Autofiktion. – PS: Sie hat es getan.
Aus welchem Buch stammt die beschriebene Patientin? Hier finden Sie die Auflösung.