Was ist das für ein Patient, der sich mit den Worten „Ich bin ein Loser“ vorstellt? Schon sein Vater, ein erfolgreicher Kleinunternehmer, habe ihn als „Nichtsnutz“ bezeichnet. Herr T., seit vier Jahren bei mir in der Psychoanalyse, ist ein sympathischer Mann, dessen Selbstvorwürfe sowohl aufrichtig als auch aufgesetzt wirken. Jahrelang war er als (erfolgreicher!) Straßenmusiker durch halb Europa gezogen („auf der Suche nach der Frau, die ich für immer lieben kann“), bevor er beschloss, sesshaft zu werden und den Gründen seines „unsteten Lebens“ (er mag solch antiquierte Ausdrücke) auf den Grund zu gehen.
Allmählich zeigte sich, dass er die Versager-Etikette als eine Art Tarnung verwendet, die seine romantischen und hochfliegenden Träume eines gelungenen Lebens jenseits bürgerlichen Zweckdenkens verbirgt. „Ich bin tatsächlich einer, der lieber Rosen als Rosenkohl anpflanzt.“ Scherzhaft nenne ich ihn daraufhin einen Krypto-Rosenkavalier.
Diese Bezeichnung findet er nicht nur amüsant, sondern auch sehr passend, hat er doch während seiner Wanderjahre immer wieder die Erträge seiner Musik in Kryptowährungen investiert, deren Wert sich mittlerweile etwa vertausendfacht haben dürfte. Er ergänzt dieses Geständnis seines heimlichen Erfolgs mit der beiläufigen Mitteilung, dass er übrigens seine Freundin A., Tochter eines vermögenden lokalen Unternehmers, in Kürze heiraten werde. „Das wäre doch ein würdiger Abschluss Ihrer Analyse, oder?“ Er findet das auch.
Aus welchem Buch stammt der beschriebene Patient? Hier finden Sie die Auflösung.
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