Teilst du meine Meinung?

Wenn uns jemand achtsam zuhört, muss er auch unsere Meinung teilen. Falsch! Warum wir das trotzdem so gerne annehmen, zeigt eine Studie.

Die Illustration zeigt zwei Frauen, die sich freundlich unterhalten, während über ihnen leere Sprechblasen sind
Schenkt uns jemand seine ungeteilte Aufmerksamkeit, tut das gut. Dabei muss man gar nicht einer Meinung sein. © whitemomo/ shutterstock

Jemandem aufmerksam zuzuhören bedeutet nicht, dass man zwangsläufig die Meinung der Person teilt. Genau das aber denken Menschen offenbar gerne. Wenn sie merken, dass ihnen zugehört wird, glauben sie, dass die Zuhörenden automatisch auch ihre Ansichten teilen. Diese Verwechslung untersuchten die Forscherinnen Zhiying Ren und Rebecca Schaumberg von der University of Pennsylvania in elf Studien mit insgesamt knapp 3400 Personen.

Durchgängig wurde das Zuhören in den Experimenten dann als schlechter beurteilt, wenn die Personen unterschiedlicher Auffassung waren. Die Probandinnen und Probanden simulierten dabei bestimmte Situationen, etwa Bewerbungsgespräche. Zwei Personen erhielten Informationen über zwei (fiktive) Jobkandidatinnen. Eine der beiden sollte entscheiden und dies gegenüber der anderen begründen. Die zweite Person hörte zu und traf direkt im Anschluss die Entscheidung für oder gegen die Auffassung der Sprechenden. Danach wurde die Qualität des Zuhörens beurteilt.

Andere Teilnehmende sahen Videos oder verfolgten Chats und stuften ein, ob jene Menschen, die zuhörten und die entweder die gleiche oder eine andere Meinung hatten als die sprechende Person, gut oder schlecht zuhörten.

Quelle

Zhiying (Bella) Ren, Rebecca Schaumberg: Disagreement gets mistaken for bad listening. Psychological Science, 2024. DOI: 10.1177/09567976241239935

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 9/2024: Meine Grenzen und ich
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