Alison Gopnik zeigt, wann Kinder Vorstellung von Realität trennen. Zum einen ist da die Welt dort draußen, zum anderen das mitunter trügerische Bild, das wir uns von ihr machen. Erst im Alter zwischen drei und fünf Jahren erwerben Kinder die Fähigkeit, die beiden Welten auseinanderzuhalten. Das hat die Entwicklungspsychologin Alison Gopnik mit ihrer Kollegin Janet Astington 1988 in ihrem berühmten Smarties-Experiment beobachtet.
Die beiden Forscherinnen, seinerzeit an der University of Toronto, geleiteten 101 Kinder einzeln in einen Raum, wo sie auf dem Tisch eine vermeintliche Packung Smarties vorfanden. Der Schriftzug, die abgebildeten Süßigkeiten – alles stimmte. Doch als die Versuchsleiterin die Kinder ermunterte, die Schachtel zu öffnen, gab es eine Enttäuschung: Statt der Smarties kam eine Handvoll Stifte zum Vorschein.
Die Frau verschloss die Schachtel nun wieder und nach ein paar Sätzen Smalltalk stellte sie dem Kind eine tückische Frage: „Bevor du die Schachtel eben geöffnet hast: Was dachtest du, was da drinnen ist?“ In ihrem Buch Forschergeist in Windeln, das sie mit Patricia Kuhl und Andrew Meltzoff verfasste, schildert Alison Gopnik die Szene: „Das allererste Mädchen im Test rief ‚Smarties‘, als es die Schachtel zunächst sah, und ‚Nanu, Bleistifte‘, als sie geöffnet wurde. Und doch leugnete es kaum eine Minute später beharrlich – und allem Anschein nach in ehrlicher Überzeugung –, dass es jemals geglaubt habe, in der Schachtel seien Smarties.“
Welt im Kopf und Wirklichkeit
Wie sich herausstellte, behaupteten die allermeisten Dreijährigen, sie hätten in der Schachtel von Anfang an Stifte vermutet. Auch als sie gefragt wurden, was wohl der Max oder die Lisa aus ihrer Gruppe jetzt denken würden, wenn sie die Packung sähen, sagten sie: Stifte. Die Fünfjährigen waren weiter: Zwei Drittel waren sich bewusst, dass sie sich anfangs Smarties in der Packung vorgestellt hatten und dass es Max oder Lisa sicher genauso ergehen würde.
Die Dreijährigen hingegen sind meist noch nicht imstande, zwischen der Welt da draußen und der Welt im Kopf zu unterscheiden. „Es ist“, schreibt Gopnik, „als würden die Kinder glauben, dass jeder die Welt und die Wirklichkeit in gleicher Weise verstehen muss, weil es ja nur eine einzige Welt und Wirklichkeit gibt.“
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