Zwischen Alt und Neu

Wie können wir ungewollten Wandel gut bewältigen? Bärbel Wardetzki schildert, wie wir ­Veränderungen begegnen.

Das Leben ist voller Umbrüche: Wir verlieren einen geliebten Menschen durch eine Krankheit, wir erleiden eine schmerzhafte Scheidung oder verlieren die Arbeitsstelle, die uns lange Sicherheit und Selbstbewusstsein garantierte. Das Leben ist Wandel, der uns immer wieder ungewollt treffen kann und unsere psychischen Ressourcen fordert, so die Psychologin Bärbel Wardetzki.

Ihr Thema ist auf einem recht hohen Abstraktionsniveau gefasst: Wie können wir Wandel und Veränderung mutig und seelisch gut begegnen? Wardetzki führt zur Lösung eine paradox anmutende Denk­figur ein: Im Loslassen & Dranbleiben könne ein Weg gelingen, der die Möglichkeit für zukünftiges Glück trotz Krisen eröffne. Einerseits müssten wir Schmerz und Vergangenes wie die Arbeitsstelle oder den Ex-Partner loslassen, gleichzeitig aber an Zielen und dem, was stärkt, festhalten.

Wardetzki erörtert zu Beginn die tiefe menschliche Angst vor Veränderung und dem Loslassen. Sie speist sich aus Misstrauen und Katastrophenfantasien, nach denen das Loslassen der bewährten Sicherheit einem Sturz ins Bodenlose gleichkomme.

Sinn und Kohärenz

Nun aber gelte es, beim Umgang mit Umbrüchen das Dranbleiben als zweiten Schritt nicht aus den Augen zu verlieren. Wardetzki empfiehlt eine Art sinnvolle Beharrlichkeit, die Unangenehmes zwar aushält, aber an wichtigen persönlichen Anliegen und Lebenszielen gleichwohl festhält.

Nach diesem sehr theoretischen Teil be­kommt das Buch einen stärkeren Ratgebercharakter: Wardetzki schildert Übergangsphasen, die wir bei jedem Wandel erleben, wie Tiefpunkt, Einsicht und Neuanfang sowie den neuralgischen Engpass zwischen Alt und Neu. Dabei fragt sie, welche Kompetenzen nützen, um einzelne Phasen gut durchzustehen, statt in Kränkung und Erbitterung am Alten festzuklammern.

Die Autorin hebt noch eine weitere Kompetenz hervor, die in der Krise starkmachen könne: die Wahrnehmung von Sinn und Kohärenz, die wir im aufgenötigten Wandel zu erblicken vermögen. So könne eine Frau, die verlassen wurde, den beschwerlichen Neuanfang als Weg zu mehr Selbstbewusstsein und Autonomie deuten und Wachstum und Entwicklungs­möglichkeiten für sich bejahen. Ein motivierendes Bild liefert Wardetzki für diesen Weg des Wandels: Pflügt ein Bauer sein Feld um, so geschieht dies eben auch, damit neue Saat gesät und geerntet werden kann.

Fazit: Eine substanzielle, wenn auch über längere Passagen sehr abstrakte und zu weit gefasste Lektüre, der das Thema immer mal wieder entgleitet. Trotzdem geht es um ein Lebensphänomen, das momentan vielen Menschen begegnet: ungebetenen Wandel und den Weg zu neuem Aufbruch.    

Bärbel Wardetzki: ­Loslassen & dranbleiben. Wie wir Veränderungen mutig begegnen. Kösel, München 2019, 220 S., € 18,–

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