Bin ich schwierig? Oder eher mein Partner? Der Ort, wo das offenkundig wird, ist meistens die Beziehung. Dort, wo emotionale Nähe entsteht, verlieren wir leichter die Kontrolle über unsere Gefühle und werden verletzlicher.
Dort zeigen schwierige Menschen, die in anderen, distanzierteren Beziehungen „normal“ wirken, auch ihre problematischen Seiten, erklärte die Hamburger Psychotherapeutin, Psychologin und Buchautorin Gitta Jacob bei der Psychologie Heute Live! Veranstaltung „Schwierige Menschen“ in Berlin. Rund 200 Besucherinnen und Besucher waren zu Psychologie Heute Live! gekommen. Eingeladen hatte unser Magazin gemeinsam mit Kooperationspartner The School of Life Berlin.
Im Gespräch mit dem Philosophen und Autor Jörg Bernardy gab Gitta Jacob Antworten auf die Frage, warum Menschen so schwierig sein können – obwohl doch unsere Beziehungen das Wichtigste sind, das wir haben. Zunächst: Wir alle können schwierig sein und haben unsere „Macken“. Warum ist das so? „Weil wir alle unsere Bedürfnisse ausleben. Und weil es das wichtigste Befürfnis ist, unseren Selbstwert zu erhalten", erläuterte Jacob. Deshalb entstehen Konflikte: Die Bedürfnisse anderer begrenzen mitunter unsere eigenen: „Das ist erst einmal normal.“
Manchmal stressig, manchmal unterhaltsam
Probleme entstehen, wenn Macken sehr ausgeprägt sind, dann sprechen Psychologen von Persönlichkeitsstörungen. Besonders bekannt sind derzeit Narzissten – Menschen, die, teils aufgrund ihres fehlenden Selbstwertgefühls kompensativ, ihre eigenen Bedürfnisse für die wichtigsten halten und die überzeugt sind, einen Anspruch auf ihre Erfüllung zu haben.
Sie neigen zugleich dazu, andere zu manipulieren und abzuwerten. Ihren weniger narzisstischen Partnern können sie sehr zu schaffen machen. Eine verbindliche Beziehung auf Augenhöhe, eine erwachsene Beziehung also, meinte Jacob, sei mit ausgeprägten Narzissten eher nicht möglich.
Ein Komplementär zu den Narzissten bilden die "Selbstunsicheren" und die "Dependenten". Sie fühlen sich ständig unsicher, wollen "an die Hand genommen werden" und lassen gerne andere ihre Angelegenheiten regeln. Diese Gruppe habe eher gar kein Selbstwertgefühl, erklärte Jacob. Dies hindere sie, den eigenen Weg zu gehen. Niederlagen oder Hindernisse bringen sie leicht aus dem Takt, sie leiden darunter und können nur schwer damit umgehen.
Vielen vertraut sind vermutlich auch Menschen, die zu hysterischem Verhalten neigen, gerne auch „Dramaqueen“ genannt. Auffällig laut seien sie, berichtete Jacob, stets mit einem anderen Drama beschäftigt, das sie vor anderen inszenieren wie auf einer Bühne. Das Drama selbst allerdings ist hysterischen Menschen nur für sehr kurze Zeit wichtig: „Was gestern war, ist heute vergessen,“ laute ihre Devise. Für andere könne das verwirrend und anstrengend sein, aber auch sehr unterhaltsam.
Probleme im Alltag
Woran sind schwierige Menschen zu erkennen? Es ist, wie so häufig, der Leidensdruck, das Gefühl, im Leben und im Alltag nicht zurechtzukommen. Sehr schwierige Menschen erreichen ihre Ziele nicht oder schöpfen ihre Möglichkeiten nicht aus. Sie tun nicht das, was ihnen wichtig ist – ihre Persönlichkeit steht ihnen im Weg.
Sie lassen sich von eigener Unsicherheit oder Angst hemmen, sind zu sehr mit ihrem persönlichen Dramen beschäftigt oder geraten zu häufig mit anderen in Zwietracht, weil ihnen deren Bedürfnisse nicht wichtig seien. Ob man selbst schwierig sei, lasse sich auch am eigenen Beziehungsverhalten erkennen, sagte Jacob: Wer immer wieder auf dieselben Probleme stößt, auch wenn die Partner ganz unterschiedlich seien, sollte nachdenklich werden: „Dann haben die Probleme vermutlich etwas mit Ihnen selbst zu tun.“
Als Ausnahme unter den schwierigen Menschen bezeichnete Jacobs die „Borderliner“. Eine größere Zahl besonders schwerer Symptome präge diese Menschen. Dazu gehörten mangelnde Impulskontrolle, etwa die Neigung, für viel Geld Dinge zu kaufen, die sie nicht kaufen wollten, starker Alkoholkonsum, Selbstverletzungen, Sex mit Fremden. In Beziehungen mit ihnen gebe es ein ständiges, starkes Auf und Ab. Partner könnten in Beziehungen mit ihnen niemals etwas richtig machen, betonte Jacobs. Einen normalen Alltag gebe es mit ihnen nicht: „Es wird nie friedlich sein.“
So unterschiedlich all diese Persönlichkeiten sein mögen, alle schwierigen Menschen hätten etwas gemeinsam: Es mangele ihnen an Selbsteinsicht. Das heiße wiederum nicht, dass bei Vorhandensein einer solchen Einsicht alle gleichermaßen zum Psychotherapeuten gehen, machte Jacobs weiter deutlich.
Selbstunsichere oder Dependente neigen ihrer Erfahrung nach eher dazu, sich Hilfe zu holen, sie wollen dann jedoch oft, dass ihr Psychotherapeut sie darin unterstützt, „ihren Partner zu reparieren“. Narzissten kommen laut der Psychologin seltener in eine psychotherapeutische Praxis. Wenn doch, dann haben sie, wie Jacob erklärte, meistens „einen anderen Fokus“ als der Psychotherapeut.
Freundschaftlicher Umgang
Den Besucherinnen und Besuchern gab Gitta Jacob zwei Empfehlungen mit auf den Weg: Akzeptanz für die Macken der anderen und einen „Kratzer“ an einer wie sie sagte verbreiteten Illusion: Den anderen ändern zu können. Anstatt sich damit zu verzetteln, sei es für uns viel besser, das zu tun, was uns wichtig ist.
Und wie verhält man sich dem Partner gegenüber am besten? „Oft sind wir in Beziehungen unreif und können unsere Gefühle nicht gut kontrollieren“, sagte Jacob. Dies sei Gift in der Beziehung. Anstatt unseren Partner ändern zu wollen, sollten wir ihn als unseren guten Freund ansehen. Und auch so mit ihm umgehen.