Das Gefängnis im Kopf

Hinter der oft ruhigen Fassade von Schüchternen tobt ein emotionaler Aufruhr: Sie möchten gern mehr Kontakt zu anderen, trauen sich aber nicht.

Die Grafik zeigt einen Mann, der hinter Gitterstäben in seinem eigenen Kopf steht.
Wer schüchtern ist, fühlt sich wie eingesperrt. Wie können Betroffene mehr aus sich herauskommen? © Getty Images

Der bekannte amerikanische Sozialpsychologe Philip Zimbardo war der Pionier in der Erforschung der Schüchternheit. Ihm kommt das Verdienst zu, ein psychisches Phänomen auf die Tagesordnung der psychologischen Forschung gesetzt zu haben, das bis dahin unterschätzt oder für relativ harmlos gehalten wurde. Was ist schon schlimm daran, wenn einige Leute eher gehemmt, unsicher und zurückhaltend sind in sozialen Situationen? Zimbardo konnte zeigen, dass hinter der oftmals ruhigen Fassade der Schüchternen ein emotionaler Aufruhr tobt. Schüchternheit ist mit selbstquälerischer, ständiger Selbstbeobachtung verbunden, mit dem Zwang, sich unablässig zu vergleichen, zu zensieren, immer mit dem Schlimmsten zu rechnen. Schüchterne fürchten nichts so sehr wie Blamagen, und sie denken ewig darüber nach, was andere wohl von ihnen halten.

Im Zentrum des Problems steht ein Vermeidungsverhalten: Schüchterne gehen Begegnungen mit anderen Menschen aus dem Weg, vor allem mit solchen, die ihnen noch nicht bekannt sind. Sie tun sich schwer damit, neue Freundschaften zu schließen oder auch nur lockere Bekanntschaften zu machen. Dadurch beeinträchtigen sie ihre Chancen auf menschliche Nähe und Bindungen, auf positive berufliche und private Weiterentwicklung. Einige Schüchterne isolieren sich nach und nach so sehr, dass sie unter Einsamkeit und schließlich auch Depressionen leiden.

Die meisten Schüchternen können ihr Problem gut überspielen. Nur auf etwa 15 bis 20 Prozent der Betroffenen trifft das Klischee zu: Sie erröten, sind sozial gehemmt, sie stottern und nutzen jede Ausrede, um sich von öffentlichen Veranstaltungen fernzuhalten. Zum typischen Bild gehört, dass Schüchterne keinen Augenkontakt halten können und wenig lächeln.

Diese offen Schüchternen sind, wie gesagt, in der Minderheit, die anderen 80 bis 85 Prozent nennt der Forscher Paul Pilkonis von der University of Pittsburgh die heimlich Schüchternen. Obwohl ihr Verhalten unauffällig ist, durchleben auch sie den inneren emotionalen Aufruhr: Die heimlich Schüchternen leiden unter den physiologischen Reaktionen des Phänomens wie Herzklopfen, muskulärer Verspannung oder Schweißausbruch. Auch sie sind in den fatalen inneren Dialog mit sich selbst verwickelt, in dem sie sich ständig zensieren und korrigieren.

Selbst wenn diese Menschen einigermaßen gut durchs Leben kommen und sozial unauffällig bleiben, richtet ihr Problem doch seelischen Schaden an, denn sie werten sich immer wieder selbst ab, erklärt Pilkonis. Nach einem Gespräch oder einer Party sind sie oft noch stundenlang hochgradig erregt, deprimiert, erschöpft oder angespannt.

Wie viele Menschen sind überhaupt schüchtern? Was unterscheidet Schüchterne von Introvertierten? Und wie können sich Betroffene auf das vorbereiten, das sie am meisten fürchten – den großen Auftritt vor Publikum, etwa bei einer Rede?

Den vollständigen Beitrag „ Das Gefängnis im Kopf“ finden Sie in unserem neuen Themenheft der Reihe Psychologie Heute compact: Still und stark: Wie sich sensible und introvertierte Menschen in einer lauten Welt behaupten

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