Mit Mitte zwanzig erhielt sie die Diagnose „Psychopathie“. Und tatsächlich: Wie sie selbst hervorhebt, ist die inzwischen gereifte Frau nicht in der Lage, Mitgefühl zu empfinden. Dennoch ist sie freundlich und umgänglich, denn sie hat gelernt, mitfühlendes Verhalten glaubhaft darzustellen.
Sie beschreibt das so: „Ich mag dieses Leid selbst nicht spüren, aber ich verstehe, dass du Leid empfindest und dass ein bestimmtes Verhalten normalerweise eine bestimmte Reaktion verlangt: Trost oder Gespräch, Zuwendung. Daran habe ich ständig gefeilt. Trotzdem darf ich nie vergessen, dass meine Reaktionen sich davon unterscheiden, wie andere etwas erleben.“
Obwohl sie sagt, dass emotionale Bindung ihr fremd sei, hat sie seit 19 Jahren einen festen Lebensgefährten. „Ich weiß, dass vielen Menschen ihr Lebenspartner wichtiger ist als sie selbst. Sie denken zuerst an den anderen. Für mich ist so etwas ganz unnatürlich. Ich muss mich immer anstrengen, ihn bewusst mitzudenken.“ Sie bezeichnet es als bewusste Investition, seine Bedürfnisse permanent zu erschließen. „Ich nenne es kognitive Liebe.“
Die Öffentlichkeit habe ein verzerrtes Bild von Psychopathen, sagt die Frau. „Die Leute glauben, wenn jemand kein Mitgefühl empfindet, öffnet das automatisch alle Schleusen für antisoziales Verhalten. Aber so ist das nicht. Wenn mir etwas egal ist, wenn ich nicht emotional darauf reagiere, dass jemand Schmerzen hat, dann bedeutet das nicht, dass ich Schmerz zufügen will.“
Das vollständige Interview finden Sie in unserem Themenheft der Reihe Psychologie Heute compact. Dort geht es von der ersten bis zur letzten Seite um Schwierige Menschen – Von Nervensäge bis Narzisst.
> Zum Heft