Sollten Jugendliche schon ab 16 Jahren wählen? Ab wann dürfen sie Auto fahren? Und in welchem Alter Alkohol trinken? Mit wie viel Jahren sollten Menschen strafmündig sein? Schon immer diskutierten Gesellschaften über die Grenze zwischen Jugend und Erwachsenensein. Tatsächlich gibt es aber gar nicht nur eine, sondern unterschiedlich Grenzlinien, wie nun ein internationales Team um den amerikanischen Jugendforscher Laurence Steinberg ermittelt hat. Jugendliche können demnach sehr wohl schon denken wie Erwachsene, aber gerade in hitzigen Momenten handeln selbst junge Erwachsene noch eher impulsiv und unbedacht.
Psychologen und Sozialwissenschaftler aus elf Ländern von vier Kontinenten untersuchten mehr als 5200 Menschen ihrer Heimat im Alter zwischen zehn und dreißig Jahren. Sie prüften sowohl das Denkvermögen der jungen Teilnehmer als auch deren psychosoziale Reife. Intelligenz-, Gedächtnis- und Sprachtests gaben Auskunft über die geistige Leistungsfähigkeit. Als Reifeprüfung dienten fünf Aufgaben, in denen Geduld, Risikofreude oder die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Einfluss Gleichaltriger auf die Probe gestellt wurden. Düsen junge Menschen in einer Fahrsimulation an einer gelben Ampel vorbei, oder halten sie an? Nehmen sie lieber sofort 100 Euro als Gewinn oder können sie drei Monate warten, wenn sie dann 300 Euro erhalten? Sind sie fähig, einen Handlungsplan zu entwickeln, bevor sie eine komplexe Aufgabe angehen?
Mangelnde Selbstbeherrschung
Von Amerika bis Thailand: Das Denkvermögen junger Menschen erreicht schon mit etwa 16 Jahren seinen Höhepunkt und entspricht dem eines Erwachsenen. Anders verhält es sich bei der Reife: Erst Studienteilnehmer im Alter von 20 Jahren oder älter konnten ihre Impulse und Handlungen wie Erwachsene kontrollieren. Unter Zeitdruck oder in aufwühlenden Situationen könne das Urteilsvermögen auch noch bei über 18-Jährigen beeinträchtigt sein, folgern die Studienautoren.
„Im Durchschnitt verfügen Jugendliche und junge Erwachsene über weniger Selbstbeherrschung, als man benötigt, um die Privilegien und Strafen erhalten zu können, die wir für Menschen vorsehen, die wir als vollends mündig für ihr Verhalten erachten“, so das Resümee. Gerade bei Kriminaldelikten plädieren die Forscher dafür, dies zu berücksichtigen.
DOI: 10.1037/lhb0000315