Was uns im Job wichtig ist

Automatisierung kann dazu führen, dass sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in neuen Aufgaben nicht mehr wiederfinden und unzufrieden werden.

Menschen suchen sich ihre beruflichen Aufgaben nicht rein zufällig, sondern sind motiviert von bestimmten Werten, die für sie wichtig sind und die sie bei ihrer Arbeit leben können. Gemeint ist damit, dass etwa diejenigen, die offen für Veränderungen sind, zugleich gern kreativ sind, an neuen Ideen interessiert sind und sich weiterentwickeln wollen. Anderen ist es wichtiger, sich sicher zu fühlen, Struktur zu haben und sich einzufügen. Wieder anderen geht es um Einfluss. Diese Werte sind teilweise nicht kompatibel, so schließen sich der Wunsch nach Sicherheit und Macht in gewisser Weise aus, schreibt ein Forscher, ebenso sind das Bedürfnis nach Struktur und Kreativität schwer kompatibel. Der Wissenschaftler in einer Studie ging erstmals der Frage nach, was mit den beruflichen Werten passiert, wenn Aufgaben durch Automatisierung wegfallen und sich dadurch Tätigkeitsprofile ändern – und ob dann die individuellen Werte noch zur Aufgabe passen.

Dies sei nicht der Fall, schreibt der Wissenschaftler: Werden Tätigkeiten automatisiert, finden sich diejenigen, die davon betroffen sind, offenbar häufig in neuen Aufgaben wieder, für die sie sich nicht geeignet fühlen und müssen Tätigkeiten übernehmen, die nicht auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet sind. Sie müssen plötzlich mit Kunden verhandeln, wofür sie sich bisher nicht berufen fühlten oder es werden kreative Ideen von ihnen erwartet, die sie nicht haben (können). Der Wissenschaftler warnt, dass es zu Unzufriedenheit führe und Loyalität leide, wenn Werte und Arbeitsprofil nicht mehr zusammenpassten. Um das abzufedern, sei es wichtig, lebenslangem Lernen eine höhere Priorität einzuräumen und Weiterbildung zu ermöglichen.

Ausgangspunkt der Studie ist die Erfahrung, dass sich Menschen Berufe aussuchen, die ihren Werten entsprechen, also ihren Bedürfnissen und Kompetenzen. So zeigten Forschungen, dass sich Menschen zu eher schwer automatisierbaren Tätigkeiten hingezogen fühlen, wenn sie Wert auf Selbststeuerung und Kreativität legen und Anregung brauchen. Dagegen findet sich das Bedürfnis nach Einfluss aber auch der Wunsch, sich einzufügen und mit anderen konform zu sein, häufiger bei Menschen, die leichter automatisierbaren Beschäftigungen nachgehen, also eher standardisierte Aufgaben haben, die Routine erfordern - und auch bieten.

Kreativität oder Sicherheit? 

Um zu untersuchen, wie sich veränderte Tätigkeiten in dieser Hinsicht auswirken, wertete der Wissenschaftler Daten von mehr als 32.000 Europäerinnen und Europäern aus 126 Berufen aus. Zum einen waren zentrale Werte wie das Bedürfnis nach Sicherheit oder Autonomie, nach Kreativität oder Selbstverwirklichung in dem untersuchten Datensatz erhoben worden. Zusätzlich wurden die 126 Berufe nach ihrem Risiko für die Automatisierung von Tätigkeiten eingeschätzt. So ließ sich feststellen, dass dort, wo sich Aufgabenfelder durch Automatisierung stark verändert hatten, die Werte der Befragten nicht mehr zu ihren Tätigkeiten passten.

Dabei griff der Forscher auf einen Ansatz aus der Arbeitsforschung zurück, in dem Tätigkeiten und Aufgaben danach unterschieden werden, wie hoch hier das Risiko ist, dass Prozesse automatisiert und dafür intelligente Technologien eingesetzt werden. Einen starken Trend zur Autonomisierung von Prozessen sehen Wissenschaftler in den Bereichen, in denen Daten erfasst und organisiert werden, etwa in Buchhaltung oder Verwaltung – es fallen dann kognitive Aufgaben weg, die eindeutig und standardisiert sind und für die wenig Kreativität und keine Fähigkeit zur Ambiguität erforderlich sind.

Etwas weniger anfällig für Automatisierung sind Berufe im Bereich der Instandhaltung und Technik, wo es darum geht, mit wechselnden und nicht immer gleich klaren Anforderungen zurechtzukommen, etwa, wenn komplexe Reparaturen anfallen. Aber auch in diese Arbeitsbereiche dringend zunehmend intelligente Technologien ein. Längst meistern diese auch komplexe Problemlösungen.

Am wenigsten sind kreative, soziale oder therapeutische Berufen gefährdet, automatisiert zu werden – die hier gefragten Tätigkeiten lassen sich nur sehr schwer in Algorithmen unterbringen. 

Johnny Langstedt: How will our values fit future work? An empirical exploration of basic values and susceptibility to automation. Labour & Industry: a journal of the social and economic relations of work2021. DOI: 10.1080/10301763.2021.1886624

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