Es tut gut und ist erholsam, Abends nach der Arbeit nicht mehr daran zu denken und mental Abstand zu finden – das haben psychologische Forschungen wiederholt gezeigt. Es gibt aber eine Kehrseite, zeigt eine neue Studie. Genauso wichtig sei es nämlich, sich nach erfolgreichem Abschalten morgens vor der Arbeit mental wieder darauf vorzubereiten, schreiben Psychologinnen. Wer die anstehenden Aufgaben und Herausforderungen schon vor der Arbeit durchdenke, gehe mit mehr Energie und in besserer Stimmung zur Arbeit. Die Tage verliefen insgesamt positiver.
Die Wissenschaftlerinnen fanden dies in einer Tagebuchstudie mit 151 berufstätigen Befragten aus verschiedenen Industriezweigen heraus, etwa dem Finanzsektor, der öffentlichen Verwaltung sowie des Gesundheitswesens. Dabei erhielten die Forscherinnen Daten von 620 Arbeitstagen. Es sei unerheblich, wie und man sich mental wieder mit der Arbeit verbinde. Einige der Probanden gaben an, morgens unter der Dusche oder beim Frühstück gedanklich ihre aktuellen To-do-Listen durchzugehen und dabei auch Lösungsansätze und Herausforderungen zu ermitteln. Andere nutzten das Warten in der Schlange beim Bäcker oder den Weg zur Arbeit. Offenbar gehe dieses Einstimmen auf die beruflichen Aufgaben damit einher, dass dadurch die entsprechenden Ziele aktiviert würden, heißt es. Dies wirke sich auf den gesamten Arbeitstag positiv aus. Die Forscherinnen meinen, sich so vorzubereiten bedeute, eine mentale Brücke zum bevorstehenden Tag zu bauen.
Sabine Sonnentag u. a.: Morning reattachment to work and work engagement during the day: A look at day-level mediators. Journal of Management, 2019. DOI: 10.1177/0149206318829823