Manchen von uns kommt es vielleicht egoistisch vor, aber wir können kaum anders, als ständig darüber nachzudenken, wer wir sind, wie also unser „wahres Selbst“ aussieht. Obwohl dies physiologisch nicht messbar ist, spielt es doch in unserem Denken und Fühlen eine zentrale Rolle. Warum ist das so? Weil das Denken über uns selbst unser essenzielles Nachdenken über die Welt spiegelt und weil wir uns die Welt irgendwie erklären müssen. Zu diesem Schluss kommen Psychologen in acht Studien.
Es zeigte sich, dass alle Teilnehmer davon ausgingen, dass sie ein wahres Selbst hätten. Dies zeichne sich dadurch aus, dass es sie unverwechselbar mache und stabil sei. Die Probanden nahmen an, das wahre Selbst werde auch in ferner Zukunft dasselbe sein und beeinflusse sie in verschiedenen Lebenssituationen in ähnlicher Weise. Diese Art zu denken sei ein Produkt unserer Neigung, uns die Welt zu erklären.
Halten wir unser Selbst für einzigartig, nehmen wir auch für die Welt an, dass sie einzigartig sei, erläutern die Psychologen. Zudem „unterstellen“ wir wohl auch allen anderen Menschen ein wahres Selbst. Die Wissenschaftler weisen auf Forschungen hin, nach denen es diese Vorstellung des wahren Selbst auch in nichtwestlichen, weniger individualistischen Kulturen gebe.
Andrew G. Christy u.a.: Why do people believe in a “true self”? The role of essentialist reasoning about personal identity and the self. Journal of Personality and Social Psychology, 117/2, 2019. DOI: 10.1037/pspp0000254