Versteht man Geld als „geprägtes Zahlungsmittel“ so existiert es bereits seit 600 Jahren. Eigentlich sollten die Menschen in dieser Zeit den Umgang damit gelernt haben. Doch der Psychologe und Bestsellerautor Dan Ariely zeigt, dass da noch sehr viel Luft nach oben ist.
„Wir werden in diesem Buch nicht versuchen, Sie finanziell zu erziehen. Stattdessen werden wir einige der häufigsten Fehler im Umgang mit Geld untersuchen und erklären, warum wir diese Fehler begehen.“ Schon im Vorwort stellt Ariely klar, dass sein aktuelles Werk kein Ratgeber ist. Es sei vielmehr ein Spiegel, in dem wir sehen, was wir täglich falsch machen, wenn es ums Geld geht. Möglich sei, dass wir danach bessere Entscheidungen fällen würden – oder eben auch nur besser verstünden, warum wir immer wieder dieselbe Fehlentscheidung treffen. Man merkt bereits an dieser Stelle, dass es Ariely einfach Spaß macht, menschliche Unzulänglichkeiten aufzudecken – und humorvoll zu überspitzen. Aus diesem Grund hat er sich diesmal auch den bekannten Komiker Jeff Kreisler als Koautor an die Seite geholt. Und nach dem kurzen Vorwort folgt dann auch schon der Hauptteil mit über 300 Seiten, auf denen der Leser in die Psychologie des Geldes eingeführt wird.
Opportunitätskosten? Zu kompliziert!
Einige der von Ariely angeführten Phänomene sind bereits länger bekannt: Wie etwa das Phänomen, dass wir beim Bezahlen mit Kreditkarte in der Regel mehr bezahlen als beim traditionellen Cash-Verkehr. Das erklärt sich in erster Linie daraus, dass dem Kartenzahler die sinnlich-konkrete Erfahrung fehlt, die wir sonst haben, wenn wir Geldscheine aus dem Portemonnaie ziehen und jemandem übergeben. Ebenfalls länger bekannt, aber weniger erklärt ist, dass wir mehr Zeit für die Suche nach einer preiswerten Tankstelle aufwenden als für die Auswahl eines passenden Hypothekendarlehens, obwohl wir dabei viel mehr Geld sparen könnten. Oder auch dass wir kurzentschlossen eine 5000 Euro teure Urlaubsreise buchen, aber eine Stunde mit dem Auto herumfahren, um beim Parkplatz 50 Cent zu sparen.
Arielys Erklärung für diese paradoxen Verhaltensweisen lautet: Wir schaffen es einfach nicht, die Opportunitätskosten richtig abzubilden. „Opportunitätskosten sind im Prinzip Alternativen, auf die wir jetzt oder später verzichten, um etwas Bestimmtes zu tun“, erklärt Ariel. So bedeuten 5000 ausgegebene Euro weitaus mehr entgangene Alternativen zum Kauf von etwas anderem als die 50 Cent für den Parkplatz. „Aber diese Denkweise ist zu abstrakt“, so Ariely. „Sie ist zu schwierig. Also lassen wir es bleiben.“
Unser Gehirn will vergleichen
Stattdessen suchen wir in unserem Einkaufsverhalten nach Fixpunkten in Gestalt von Relativität. So kaufen wir den Gegenstand X nicht beim Händler Y, wenn wir X beim Händler Z um 20 Prozent billiger bekommen. Das klingt logisch und rational. Doch leider ist auch diese Vorgehensweise trügerisch. So zeigen Studien, dass Kunden eher einen Teppich kaufen, wenn man ihn mit dem Schild „200 Euro. Aber heute 50 Prozent Rabatt!“ anpreist, als wenn nur ein Preisschild mit „100 Euro“ auf ihm klebt. Der Grund: Beim ersten Schild erfährt man noch eine Relativität (billiger als sonst), die dem Vergleichsbedürfnis unseres Gehirns entgegenkommt. Beim zweiten Schild fehlt hingegen ein Bezug – und das macht uns skeptisch, weil die Orientierung fehlt. Weswegen Ariely vorschlägt, die Relativitätstheorie Albert Einsteins (E = mc²) im ökonomischen Sinne umzuschreiben in „$ 100 > Rabatt von 50 % auf $ 200“.
An solchen Stellen merkt man, dass Ariely sich diesmal von einem Komiker unterstützen ließ. Das geht sehr oft gut, und man muss schmunzeln; manchmal aber auch nicht, wenn etwa behauptet wird: „Wir verstehen uns sehr gut darauf, unser finanzielles Leben durcheinanderzubringen. Herzlichen Glückwunsch, Menschheit. Wir sind die Besten.“ Das klingt eher schnodderig statt – wie vermutlich geplant – ironisch.
Doch wer diese Ausrutscher aushält, wird mit Arielys aktuellem Werk eine ebenso informative wie unterhaltsame Lektüre erleben. Oder wie heißt es so schön – und diesmal mit feinerer Ironie – am Ende des Vorworts: „Dieses Buch wird alles besser machen. Ist das nicht den Preis des Buches wert?“
Dan Ariely, Jeff Kreisler: Teuer ist relativ. Warum wir nicht mit Geld umgehen können. Aus dem Englischen von Stephan Gebauer. Econ, Berlin 2018, 356 S., 20,–