Mein außermenschlicher Freund

Psychologie nach Zahlen: 5 Gründe, sein Leben mit einem Haustier zu teilen.

Illustration zeigt Fahrradfahrer, der mit seiner Katze im Transportkorb spricht
Hund, Katze, Maus: dienen der Gesundheit und helfen gegen Einsamkeit. © Till Hafenbrak

Acht Millionen Hunde und 13 Millionen Katzen leben in deutschen Wohnzimmern, manchmal auch Schlafzimmern. Hinzu kommt eine Armada an Hamstern, Meerschweinchen und Konsorten in den Kinderzimmern. Tiere kosten Geld, machen Arbeit, sind oft nicht sehr helle. Wir lieben sie trotzdem – aus guten, sogar wissenschaftlich erkundeten Gründen:

1 Man kann mit ihnen reden

Wer sich dabei erwischt, wie er wieder einmal auf seine Schildkröte einredet, hat keinen Grund, sich zu schämen. Wer mit seinem Tier spricht, stärkt seine Bindung zu ihm, und dies tut zumindest dem Sprecher gut. Allerdings ist nicht jede Art der Ansprache gleich effektiv für den Bindungsaufbau. Hunde zum Beispiel reagieren positiv auf eine direkte Ansprache. Ein „Ja, bist ein guter Junge“ ist eindeutig hundegerechter, als wenn der Besitzer ihm haarklein seinen Tagesablauf berichtet – es sei denn, man erzählt diesen für den Hund völlig belanglosen Inhalt in der sogenannten Hundesprache. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Angesprochene schwanzwedelnd zuhört und dem Redner ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt. Die Hundesprache ist dem vergleichbar, was junge Eltern ihren Babys ins Ohr gurren. Die hohe Tonlage klingt sowohl für Babys als auch für Hunde besonders einladend. Wer seinen Hund mit hoher Stimme fragt: „Wie wär’s mit einem Spaziergang?“, darf auf dessen Wohlwollen hoffen. Außer es regnet gerade.

A. Benjamin, K. Slocombe: “Who’s a good boy?!” Dogs prefer naturalistic dog-directed speech. Animal Cognition, 2018. DOI: 10.1007/s10071-018-1172-4

2 Sie geben Unterstützung

Wie schön, wenn man nach einem schier endlosen Arbeitstag mit anstrengenden Kunden zu Hause voller Wiedersehensfreude begrüßt wird. Wenn nicht vom Partner, dann wenigstens von Hund oder Katze. Ein paar Streicheleinheiten spenden beiden Trost, und der Stresspegel sinkt. Wie gut ein Haustier der angeschlagenen Psyche tun kann, spüren besonders Menschen mit mentalen Problemen. Ein Studienüberblick zeigt, dass der Kontakt mit einem Haustier depressiven Menschen ebenso helfen kann wie Kriegsveteranen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie profitieren schon vom reinen Körperkontakt, aber auch von der wortlosen emotionalen Unterstützung. Die Tiere spüren intuitiv, wie es ihrem menschlichen Gegenüber geht. Ganz besonders in Zeiten der Krise. Sie vertreiben oder verringern Gefühle von Einsamkeit und Isolation durch ihre Gesellschaft und ihre Teilnahme. Tiere bieten eine sichere Umgebung. Ihnen kann man anvertrauen, was man vielleicht nicht einmal der besten Freundin erzählen würde. Sie urteilen nicht, kritisieren nicht, tratschen nicht. Die schnurrende Katze auf dem Schoß ist eine sicherere Bewahrerin der Geheimnisse.

H. L. Brooks u. a.: The power of support from companion animals for people living with mental health problems. BMC Psychiatry, 2018. DOI: 10.1186/s12888-018-1613-2

3 Sie beugen Allergien und Adipositas vor

Tiere im Familienhaushalt stärken von klein auf das Immunsystem von Kindern. Der frühe Umgang mit Allergenen wirkt sich in vielen Fällen positiv auf die Entwicklung des körperlichen Abwehrsystems aus. Durch die Vielzahl der Kontakte mit potenziell allergischen Stoffen lernt das Immunsystem früh, seine Abwehr nicht auf alles, sondern nur auf echte Keime zu richten. Spätere Allergien sind seltener. Auch wirkt ein Haustier vorbeugend gegen Adipositas. Wer den Haushund regelmäßig ausführen muss, kann nicht den ganzen Tag auf der Couch oder im Bett liegen und sich mit dem Smartphone oder der Spielekonsole beschäftigen. Bei einem nachtaktiven Hamster allerdings, der sich selbst gerne die Backen vollstopft und damit in seinem kuscheligen Nest verschwindet, ist ein solcher Effekt eher unwahrscheinlich.

H. M. Tun u. a.: Exposure to household furry pets influences the gut microbiota of infants at 3–4 months following various birth scenarios. Microbiome, 2017. DOI: 10.1186/s40168-017-0254-x

4 Sie sind was fürs Herz

Wie gesagt, viele Tiere spüren, wie es dem Menschen psychisch geht – und auch gesundheitlich tun sie uns gut. Belege gibt es etwa für die positive Auswirkung von Hunden auf die Herzgesundheit ihrer Halter. In einer schwedischen Studie wurden mehr als 35  000 Teilnehmer sechs Jahre lang befragt und medizinisch untersucht. Hundebesitzer erfreuten sich einer besseren kardiovaskulären Gesundheit als Menschen ohne vierbeinigen Freund. Und sie hatten eine höhere Lebenserwartung. Besonders deutlich zeigte sich der positive Effekt bei Alleinlebenden. Aber auch Paare und Familien profitieren. Gründe hierfür, so nehmen die Forscher an, sind die regelmäßige Bewegung beim Gassigehen und die dabei entstehenden Sozialkontakte. Für einen Plausch mit den anderen Hundebesitzern findet sich fast immer Zeit.

M. Mubanga u. a.: Dog ownership and the risk of cardiovascular disease and death. Scientific Reports, 2017. DOI: 10.1038/s41598-017-16118-6

5 Sie sind dem Kind ein Freund

Sie möchten, dass Ihr Kind Gesellschaft hat? Dann schenken Sie ihm ein Brüderchen oder Schwesterchen – oder noch besser ein Haustier. Denn Letztere sind die besten Freunde der Kinder, so die Ergebnisse einer Studie. Die befragten Zwölfjährigen fühlten sich mit ihrem Haustier genauso eng verbunden wie mit ihren Geschwistern, allerdings ohne den geschwisterlichen Zwist. Mit dem Haustier gibt es weniger Konkurrenz um die elterliche Liebe, es kann auch nicht alles besser als der Bruder oder die Schwester, spendet hingegen Trost. Was man von Geschwistern nicht immer sagen kann. Die kindliche Bindung zu Tieren bedarf keiner Worte, Berührungen und Blicke genügen. Diese Unterstützung hilft dem Kind bei seiner emotionalen Entwicklung. Und sie stärkt schon allein dadurch bis ins Erwachsenenalter hinein auch die körperliche Gesundheit.

M. T. Cassels u. a.: One of the family? Measuring young adolescents’ relationships with pets and siblings. Journal of Applied Developmental Psychology, 2017. DOI: 10.1016/j.appdev.2017.01.003

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 10/2018: Geschwister
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