In dubio pro cane

Psychologie nach Zahlen: Vier mögliche Gründe, warum Hundefreunde glücklicher sind als Katzenfans.

Die Illustration zeigt eine Frau, die glücklich mit ihrem Hund an einem Haus vorbei joggt, aus dem eine ältere Frau mit einem Glas Wein in der Hand und eine Katze an ihrer Seite nachdenklich schaut
Hundehalter und Katzenhalter: Was hat sie, was ich nicht habe? © Till Hafenbrak

Die Lebenszufriedenheit ist in der Bevölkerung nicht sonderlich gerecht verteilt. Laut Studien sind zum Beispiel junge und alte Menschen glücklicher als solche in mittleren Jahren, Westdeutsche sind glücklicher als Ostdeutsche und Immobilienbesitzer glücklicher als Mieter. Eine große Umfrage in den Vereinigten Staaten förderte nun einen eher erstaunlichen demografischen Glücksunterschied zutage, der ziemlich ausgeprägt ist: Besitzer von Hunden sind glücklicher als die von Katzen.

Im jüngsten General Social Survey, einer von der University ofChicago initiierten jährlichen Befragung von mehreren tausend Erwachsenen, sagten 36 Prozent der Hundehalter, sie seien sehr glücklich – im Vergleich zu nur 18 Prozent der Katzenhalter. Bei den Personen, die sowohl Hunde als auch Katzen hatten, lag der Anteil der „sehr Glücklichen“ mit 32 Prozent konsequenterweise zwischen diesen beiden Werten.

Die Frage, welches Haustier zur Familie gehört, mag trivial erscheinen. Umso überraschender sei die Zufriedenheitskluft zwischen den Hunde- und Katzeneltern, wie Christopher Ingraham in der Washington Post erstaunt feststellt: Der Unterschied zwischen den beiden Sorten von Tierfreunden sei laut den Studiendaten größer als etwa der zwischen Personen, die sich der Mittelschicht oder der Oberschicht zurechnen, und fast genauso groß wie die Glücksdifferenz zwischen Menschen, die sich eine „gute oder exzellente“ versus eine „mittelmäßige“ Gesundheit attestieren.

Allerdings sind zu einem gewissen Teil wohl nicht die Hunde selbst die Ursache für die imposantere Lebensfreude, sondern andere Faktoren: Hundebesitzer sind beispielsweise häufiger verheiratet und häufiger Hausbesitzer als Katzenhalter (was ja auch ein interessanter Befund ist). Aber es gibt plausible Gründe, die mit den Hunden selbst zu tun haben.

1 Eine Frage der Persönlichkeit

Eine 2016 veröffentlichte US-Studie, in der ebenfalls die Hundebesitzer Halter von Katzen bei Glück und Zufriedenheit übertrafen, führt diese Diskrepanz auf Unterschiede in der Persönlichkeit zurück. So waren Herrchen und Frauchen von Hunden tendenziell extravertierter, verträglicher und weniger neurotisch als Katzenfreunde; und diese Eigenschaften wiederum gingen mit einem erhöhten psychischen Wohlbefinden einher. Die Wirkung, schreiben die Forscher, könnte in beide Richtungen gehen: Entweder legen sich extravertierte, verträgliche und wenig neurotische Menschen eher Hunde als Katzen zu oder aber das Leben mit Hunden macht Menschen extravertierter, verträglicher und weniger neurotisch. Welche der beiden Optionen die richtige ist, ging aus der Studie nicht hervor. Vielleicht trifft auch beides zu.

2 Bewegungssport Gassigehen

Eine weitere mögliche Ursache für die Hochgefühle der Hundefreunde: das tägliche Gassigehen. Hundebesitzer gehen mehr zu Fuß als andere Menschen, wie eine Metaanalyse von 29 Studien zeigt. Und körperliche Aktivitäten sind, wie man aus anderen Untersuchungen weiß, gut für die Stimmung und das psychische Wohlbefinden.

Der Bewegungsvorsprung der Hundebesitzer ist deutlich. Beispielsweise gingen laut einer britischen Studie die Hundebesitzer unter den 700 Teilnehmern fast fünf Stunden pro Woche mit ihren Vierbeinern spazieren; wer keinen Hund hatte, vertrat sich hingegen nur gut eineinhalb Stunden wöchentlich die Füße. Eine weitere britische Studie mit mehr als 3000 Teilnehmern zeigte, dass Hundebesitzer sogar an den dunkelsten, kältesten und nassesten Tagen im Winter noch mehr marschierten als hundelose Befragte an langen, warmen und sonnigen Sommertagen.

Es ist auch nicht so, dass Leute, die keinen Hund haben, einfach anders körperlich aktiv sind. Hundebesitzer machen genauso viel Sport ohne Hund wie Nichthundebesitzer, wie eine der britischen Studien zeigt. Und mit dem Argument, dass sich bewegungsfreudige Menschen eher einen Hund zulegen und auch ohne Vierbeiner körperlich aktiver als andere wären, lässt sich der Bewegungsüberschuss der Hundefreunde ebenfalls nicht wegerklären. So zeigen Langzeitstudien, dass Menschen, die einen Hund neu in ihren Haushalt aufnehmen, danach effektiv mehr zu Fuß unterwegs sind als vorher und das Gassigehen nicht auf Kosten anderer körperlicher Aktivitäten geht. Hunde tragen also kausal dazu bei, dass ihre Herrchen und Frauchen körperlich aktiver sind.

3 Treffpunkt Hundewiese

Zwar können Haustiere generell helfen, Kontakte zu anderen Menschen zu knüpfen, aber Hunde fördern das Sozialleben ihrer Halter besonders stark. Dies zeigt eine amerikanisch-australische Studie, die auf ausführlichen Telefoninterviews mit 2700 Menschen basiert. Auch Katzenbesitzer berichteten von Bekanntschaften, die durch ihre Vierbeiner entstanden waren, beispielsweise wenn der Haustiger Sachen von Nachbarn stibitzte, die dann zurückgebracht werden mussten. Aber Hundebesitzer sagten fünfmal häufiger als andere Tierhalter, dass sie durch ihr Haustier Leute in ihrem Viertel kennengelernt hätten.

Insbesondere das regelmäßige Gassigehen beflügelte ihr Sozialleben. Auf den Spaziergängen wirkten die Hunde wie Eisbrecher und veranlassten die Halter dazu, mehr mit Leuten aus der Nachbarschaft zu kommunizieren, als sie es normalerweise getan hätten. Ein Mann aus den USA erzählte: „Die Hunde bestehen darauf, sich ausgiebig zu begrüßen, und ihre Menschen folgen prompt dem Beispiel. Das hat dazu geführt, dass ich mich viel sozialer verhalte, als es eigentlich meiner Neigung entspricht.“ Hundehalter sagten auch viel häufiger als andere Tierhalter, dass sich aus diesen Kontakten echte Freundschaften entwickelt hätten.

4 Mein bester Freund

Die Antworten im General Social Survey lassen darauf schließen, dass Hundebesitzer eine stärkere Bindung zu ihren Vierbeinern aufbauen als Katzenbesitzer. Auch das könnte zu den Unterschieden im Glücksempfinden beitragen. So suchten Hundebesitzer in stressigen Zeiten eher Trost bei ihrem Haustier, spielten häufiger mit ihm und betrachteten es stärker als Familienmitglied, als dies bei Katzenbesitzern der Fall war. Frühere Studien haben gezeigt, dass Besitzer von Hunden eher dazu neigen, ihre Haustiere zu vermenschlichen, als Besitzer von Katzen und dass viele Hundebesitzer die Bindung zu ihren Hunden als ähnlich stark empfinden wie die zu ihren besten Freunden und sogar zu ihren Ehepartnern und Kindern.

Literatur

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 1/2020: Bilder der Kindheit
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