Bin ich depressiv? Oder nur schlecht drauf? Warum Stimmungstiefs kein Grund zur Sorge sein müssen

Niedergeschlagen, pessimistisch, schlecht gelaunt – das sind wir alle mal. Meist bessert sich die Laune nach kurzer Zeit wieder. Doch was ist, wenn die negative Stimmung länger anhält? Entwickelt sich dann eine Depression? Oder haben wir nur verlernt, traurig zu sein?

Sarah Wagner machte sich Sorgen. Um sich selbst. Schon länger war die Lehrerin reizbar und schlecht drauf, stritt mit ihren Söhnen und ärgerte sich über ihre Schüler. Nachts schlief sie unruhig, lag viel wach und grübelte über den kommenden Tag, ihre finanzielle Situation, über die ein Jahr zurückliegende Trennung von ihrem Mann.

Wie würde sie die große Autoreparatur bezahlen? Und wieso waren zwei Schülerinnen ihrer achten Klasse gerade so nervtötend? Ihr Nacken war verspannt, manchmal hatte die 39-Jährige morgens keine Lust mehr aufzustehen. Es war alles nur noch anstrengend. „Pass auf dich auf“, sagte eine Kollegin, „nicht, dass du noch depressiv wirst!“

Steckt Sarah Wagner nur in einer schwierigen und sorgenvollen Lebensphase? Oder ist sie wirklich schon depressiv? Manchmal ist die Grenze schwer zu ziehen. Schlechte Stimmung allein ist natürlich noch kein Grund zur Sorge. „Depressiv“ im Sinne von niedergeschlagen oder pessimistisch fühlen wir uns alle mal.

Schwingungsfähigkeit ist entscheidend

Ohnmachtsgefühle oder Niedergeschlagenheit sind normale Reaktionen auf belastende Ereignisse wie Streit oder Enttäuschungen, sogar Hunger oder anhaltend schlechtes Wetter können solche Gefühle auslösen. Jeder ist mal traurig, auch wenn die meisten Menschen das gerne verschweigen. Verstimmungszustände sind Teil unserer emotionalen Grundausstattung, wir brauchen die schlechten Tage sogar, um die guten überhaupt als solche wahrnehmen zu können.

Gerade diese emotionale Schwingungsfähigkeit mache unsere seelische Gesundheit aus, erklärt Günter Niklewski, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Nürnberg. Gehe es um die Frage, ob ein Patient lediglich sehr niedergeschlagen oder schon depressiv sei, schaue er genau darauf, ob diese Schwingungsfähigkeit vorhanden sei:

„Ich frage dann nach der Lebensfreude. Gibt es noch Bereiche, in denen die Patienten Freude empfinden? Haben sie weiterhin Spaß an Treffen mit Freunden? Schmeckt das Essen noch? Dann haben sie in der Regel keine Depression.“

Für die Betroffenen selbst ist es allerdings nicht einfach festzustellen, ob sie lediglich schlecht drauf sind oder schon eine Depression haben. Im Zweifelsfall ist natürlich der Experte zurate zu ziehen. Aber als ein wichtiger Anhaltspunkt gilt: Eine Verstimmung verbessert sich nach einigen Tagen von selbst oder kann durch Entspannungstechniken und regelmäßige körperliche Bewegung überwunden werden.

Vorläufer einer Depression erkennen

Auch ausreichend Schlaf trägt zu einem besseren Wohlgefühl bei. Wer allerdings häufiger schlecht drauf ist, sollte unbedingt versuchen, Klarheit über die Auslöser seines Stimmungstiefs zu gewinnen. Stecken nämlich Stress oder psychosoziale Ursachen hinter der Niedergeschlagenheit, droht die Gefahr einer Chronifizierung – und damit einer depressiven Erkrankung.

Diese Gefahr beschreiben auch der Psychiater Jefferson Prince und die Psychologin Shelley Carson von der Universität Harvard in ihrem Buch Almost Depressed (Fast depressiv). Sie gehen davon aus, dass vielen mittelschweren oder starken Depressionen eine „subklinische Depression“ vorausgeht, also eine Phase, in der die Erkrankung noch außerhalb der Diagnosekriterien für Depression liegt, aber die normale Verstimmung schon übersteigt. „Fast depressiv“ ist für die Autoren, wer über Monate hinweg niedergeschlagen ist und auch keinen Weg findet, seine Stimmung aufzuhellen.

Die Betroffenen können durchaus typische Symptome einer Depression aufweisen, allerdings treten diese eher gelegentlich und weniger intensiv auf. „Fast Depressive“ erleben the greys, graue Tage, wie die Autoren diesen Zustand nennen. Wie belastend das sein kann, konnten Prince und Carson in einer Studie mit 200 Teilnehmern belegen.

Personen, die leichte Depressionssymptome zeigten, waren unzufrieden mit ihrem Leben und auch mit ihren Beziehungen zu anderen. Sie litten häufiger unter Angst- und Stresssymptomen und glaubten, weniger Kontrolle über ihr Leben zu haben, als Personen, die völlig frei von Symptomen waren.

Die Autoren schildern die Geschichte ihres Patienten Saul, eines jungen und erfolgreichen Anwalts, der nach seiner Scheidung in ein tiefes Loch fällt. Zwar ist er geschätzt von seinen Kollegen und geht noch immer einigermaßen gern zur Arbeit, doch gibt er sich die Schuld am Versagen seiner Ehe und ist fast ununterbrochen niedergeschlagen. Nachts kann er kaum schlafen, tagsüber versucht er sich durch viel Arbeit von seinen Grübeleien abzulenken.

„Saul lebt sein Leben mechanisch“, schreiben Prince und Carson, „er kann das volle Spektrum des Lebens mit seinen vielen Farben und seinem Reichtum nicht mehr erfassen. Er ist irgendwo in einem grauen Seelenzustand gefangen – zwischen dem Schwarz der Depression und dem hellen Licht des positiven Wohlergehens.“ Prince und Carson glauben, dass sich in drei von vier Fällen eine subklinische Depression zu einer Major Depression entwickelt. Deshalb plädieren sie für frühzeitige Interventionen.

Bewusst Wohlgefühle hervorrufen

Ganz ähnlich sieht es der kanadische Psychologieprofessor und Psychotherapeut David A. Clark. Auch er rät in seinem Buch The Mood Repair Toolkit, möglichst früh gegen die grauen Tage anzugehen, damit sie nicht zu einem chronischen Zustand werden: „Was uns schutzlos gegen drohende Depression macht, ist unsere Unkenntnis, unsere schlechten Stimmungen zu reparieren.“

Doch wie repariert man anhaltende Niedergeschlagenheit? Was hilft Menschen, die mit vielen Stressoren zu kämpfen haben und schon eine längere Zeit sehr bedrückt sind? Prince und Carson empfehlen vier Wege, um sich aus dem Stimmungstief herauszuhangeln.

Stimmung verbessern – Mögliche Ansatzpunkte 

Auf der Verhaltensebene raten sie zu einfachen stressreduzierenden Tätigkeiten, die Wohlgefühl erzeugen – wie Sport, Musikhören, Malen oder Gartenarbeit.

Auf der psychologischen Ebene empfehlen sie Betroffenen, stärker darauf zu achten, wie automatisierte negative Gedanken („Ich werde sowieso keinen Job bekommen“ oder „Mich findet sowieso keiner attraktiv“) die Niedergeschlagenheit noch verstärken. Denn gerade diese unbewussten Grübeleien führen häufig in die Depression. Stimmungsprotokolle und Achtsamkeitstrainings können dagegen helfen.

Auf der sozialen Ebene plädieren Prince und Carson für mehr Unterstützung durch Familie, Freunde und Bekannte, denn „ein starkes soziales Netz ist erwiesenermaßen ein Schutzfaktor gegen klinische und subklinische Depression“.

Und auf der biologischen Ebene raten die Autoren zu ausreichend Schlaf, gutem Essen und eventuell Nahrungsergänzungsmitteln wie Folsäure, Magnesium und – falls notwendig – pflanzlichen Arzneimitteln wie Johanniskraut.

Gute Gespräche mit Freunden, die tägliche Joggingrunde oder das stimmungsaufhellende Johanniskraut helfen zweifelsohne, wenn graue Tage nicht weichen wollen. Eine schwere Depression aber lässt sich mit solchen Maßnahmen nicht in den Griff bekommen.

Im Laufe des Lebens erkranken zehn Prozent der Bundesbürger einmal oder mehrmals an einer schweren depressiven Episode, so die Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Die Betroffenen selbst erkennen allerdings oft nicht, dass sie an einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung leiden.

Frühe Symptome wahr- und ernstnehmen

Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Leipzig, sieht das Problem vor allem darin, dass die Betroffenen ihre Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Niedergeschlagenheit nicht als Krankheitssymptom wahrnehmen, vor allem dann nicht, wenn sie depressive Zustände nicht kennen. „Wenn man schon mal depressiv erkrankt war, erkennt man womöglich die Symptome und geht zum Hausarzt oder Psychiater.“

Wer aber noch nie eine Depression hatte, für den ist es sehr schwierig, ihr frühzeitig entgegenzuwirken. Auch deshalb, weil eine anflutende Depression nicht immer eine akute Reaktion auf schwierige Lebensumstände ist. Bisweilen liegen die Ursachen von Depressionen weit in der Vergangenheit: Aktuelle Lebensereignisse wie berufliche Probleme können unbewusste Kindheitskonflikte und verdrängte Gefühle an die Oberfläche spülen und Depressionen mit auslösen.

Doch manchmal sind auch gar keine Auslöser erkenntlich. Bei vielen depressiven Störungen spielen vor allem genetische Faktoren eine wichtige Rolle. „Depression ist so unspezifisch wie Fieber“, sagt Günter Niklewski. „Dahinter kann eine Verstimmung aufgrund von Lebensereignissen stecken – oder auch die biologische Anfälligkeit für diese Erkrankung.“

Im Gegensatz zur Niedergeschlagenheit verändert eine Depression nicht nur das Fühlen, sondern auch das Denken und Verhalten der Betroffenen – und zwar tiefgreifend und langfristig. Der Sozialpsychologe Martin E. P. Seligman hat das veränderte Denken depressiver Menschen so beschrieben: „Pessimistische Erklärungsmuster sind der Kern depressiven Denkens. Eine negative Auffassung von der Zukunft, von sich selbst und von der Welt rührt daher, dass man die Ursachen für negative Ereignisse als dauerhaft, global und persönlich ansieht, die Ursachen für positive Ereignisse dagegen als zeitweilig, spezifisch und äußerlich.“

Was das veränderte Verhalten depressiv Erkrankter angeht, so ist dieses durch Passivität und Unentschlossenheit gekennzeichnet. Oft kommen auch noch körperliche Veränderungen wie Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust sowie Schlafstörungen hinzu.

Kein Spaß, keine Hoffnung

Eine echte Depression ist kein momentaner Durchhänger, sondern verschlimmert sich mit der Zeit und führt zu einer grundlegenden Veränderung des Selbsterlebens: Freudlosigkeit, Anspannung und Schuldgefühle sind typische Symptome. Sprüche wie „Wird schon wieder“ oder „Reiß dich zusammen“ helfen nicht, denn der Erkrankte ist nicht in der Lage, positiv auf sein Leben zu schauen.

„Wenn unsere ganze Menschheitsfamilie fühlen würde, wie ich fühle, gäbe es nicht ein fröhliches Gesicht auf dieser Erde“, schrieb Abraham Lincoln, der 16. Präsident der Vereinigten Staaten, einst in sein Tagebuch. „Ich weiß nicht, ob es mir jemals wieder besser gehen wird. Eine schreckliche Ahnung sagt mir, dass das nicht der Fall ist. So kann es einfach nicht weitergehen. Entweder es geht mir bald besser, oder ich muss sterben.“

Nach heutigen Maßstäben litt Lincoln an einer rezidivierenden (wiederkehrenden) depressiven Störung, denn ihn ereilten immer wieder schreckliche Phasen der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung.

Das internationale Diagnosesystem für körperliche und psychische Erkrankungen der Weltgesundheitsorganisation, ICD-10, unterteilt die depressive Erkrankung in verschiedene Formen und Schweregrade (siehe Kasten S. 21). Eine schwere Depression (Major Depression) können Ärzte und Psychot­hera­peuten oft schon anhand des Bewegungsmusters eines Patienten innerhalb von wenigen Sekunden diagnostizieren. Depressive Menschen haben oft eine starre Mimik, sie bewegen sich langsam und ohne Dynamik.

Schwieriger ist es, eine leichte oder mittelschwere Depression zu erkennen, denn hier sind die Grenzen zum Stimmungstief fließender. Gerade für Hausärzte stellt diese Diagnose oft eine Herausforderung dar, denn bei ihnen werden depressiv erkrankte Patienten meist zuerst vorstellig – und klagen dabei oft nicht über Niedergeschlagenheit, sondern über körperliche Beschwerden wie Kopf-, Rücken- oder Magenschmerzen.

Ursache Selbstoptimierungszwang?

Detlef Niemann ist Allgemeinmediziner in eigener Praxis in Hamburg-Harburg und hat festgestellt, dass er die Depression seiner Patienten häufig gezielt „suchen“ muss. Hat er das Gefühl, dass deren körperliche Symptome einen psychischen Hintergrund haben, testet er die Betroffenen mit einem speziellen Fragebogen auf Depression.

Oft stellt sich dann tatsächlich heraus, dass sie inmitten von krisenhaften Situationen oder auch Depressionen stecken, etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit, Trennungen oder Verlusterlebnissen – und Hilfe brauchen. In letzter Zeit erlebt Niemann allerdings auch häufiger, dass Patienten sich selbst als depressiv diagnostizieren, aber gar nicht erkrankt sind. „Ich stelle fest, dass manche Menschen im Sinne der Selbstoptimierung meinen, sie seien im Beruf nicht gut genug und müssten wohl depressiv sein.“

Klinikchef Niklewski steht aus diesem Grund dem Konzept der leichten Depression skeptisch gegenüber. Auch er glaubt, dass viele Menschen im Zeitalter der Selbstoptimierung verlernt haben, Verstimmungen zu ertragen. Man müsse heute immer fit und gut drauf sein. Der Psychoanalytiker wünscht sich mehr Reflexions- und Kritikfähigkeit von den Menschen – also die Fähigkeit, nicht an „all dem Quatsch“ um sie herum teilnehmen zu müssen – und sorgt sich, dass die Depression allmählich zu einer Chiffre für Verstimmung wird.

Tatsächlich befürchten viele Experten, dass gesunde seelische Zustände heute zunehmend pathologisiert werden. Besondere Kritik erfährt die aktuelle Ausgabe des amerikanischen Diagnostikhandbuchs Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5). Dieses empfiehlt den Experten, zum Beispiel, zu prüfen, ob bei emotionalen Reaktionen auf Verlustereignisse wie etwa einen Trauerfall, schwere Erkrankungen oder materielle Verluste nach Naturkatastrophen „nicht eine Episode einer Major Depression diagnostiziert werden sollte“.

Und da ein „wesentliches Merkmal“ einer Depression „eine mindestens zweiwöchige Zeitspanne mit entweder depressiver Stimmung oder Verlust des Interesses oder der Freude an fast allen Aktivitäten“ ist, kann das bedeuten, dass bereits eine mehr als zwei Wochen andauernde Trauer als behandlungsbedürftig diagnostiziert wird.

Psychotherapie als kostbare Ressource

Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, hält das für Unsinn: „Wer intensiv trauert, erfüllt zwar häufig formal die Kriterien einer Depression, ist aber nicht krank. Der Schmerz von Trauernden kann durchaus Monate oder über ein Jahr dauern und sollte nicht als behandlungsbedürftig gelten.“

Experten warnen davor, die Diagnostik auszudehnen und bereits Verstimmungen, Trauer oder beginnende Depressionen therapeutisch zu behandeln. Stattdessen plädieren sie für eine bessere Versorgung von Menschen mit schweren Depressionen. Dort ist die Not groß. Lange Wartezeiten für Termine beim Psychiater oder Psychotherapeuten verstärken das Leid der Betroffenen und erhöhen das Suizidrisiko. Denn die Depression ist eine lebensbedrohliche Erkrankung: Mindestens zehn Prozent der Patienten mit schweren Depressionen unternehmen einen Suizidversuch.

„Generell müssen wir unsere Versorgung nicht im Bereich der sehr leichten Depressionen ausdehnen, sondern im Bereich der schweren Depressionen“, sagt Ulrich Hegerl. Sein Kollege Niklewski findet auch: „Wir erreichen nicht die richtigen Leute mit dem Einsatz, den wir bringen. Gerade die Psychotherapie ist eine zu kostbare Ressource, als dass wir sie mit dem Füllhorn ausschütten könnten.“

Schwierige Lebensphasen lassen sich manchmal auch ohne fachliche Hilfe bestreiten. Sarah Wagner half eine Auszeit. Ihr Hausarzt schrieb sie wegen Erschöpfung zwei Wochen krank, und langsam konnte die Lehrerin wieder in einen geregelten Schlaf finden.

Damit kam die Kraft zurück und auch die Bereitschaft, sich konstruktiv mit ihren Lebensproblemen und Stressoren auseinanderzusetzen. Das ließ sie wieder optimistischer denken – ganz ohne Psychotherapie oder Medikamente. Manchmal reicht schon etwas Abstand, um wieder klarer in die Zukunft zu blicken.

Literatur

Information und weitere Hilfen:

Info-Telefon Depression: Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe hat im September 2014 ein neues Infotelefon ins Leben gerufen. Unter der kostenfreien Nummer 0800/3344533 erhalten Betroffene und Angehörige Informationen über die Erkrankung Depression. Ziel ist, Ansprechpartner vor Ort (Klinik oder Selbsthilfegruppe in der jeweiligen Stadt) zu vermitteln. Zu erreichen ist das „Info-Telefon Depression“ Montag, Dienstag und Donnerstag von 13 bis 17 Uhr sowie Mittwoch und Freitag von 8.30 bis 12.30 Uhr. Betreut werden die Anrufer von einem Team aus erfahrenen Psychologen und Psychiatern.

Diskussionsforum Depression: Depressiv Erkrankte und Angehörige können sich unter www.diskussionsforum-depression.de über die Erkrankung austauschen. Aktuell sind 26 000 Nutzer im Forum registriert und diskutieren unter anderem über den Umgang mit der Krankheit, die Behandlung oder ihre Sorgen als Angehörige.

450 000 Beiträge sind in den letzten Jahren gepostet worden. Die Diskussionen im Forum werden von zwei Moderatoren kontinuierlich begleitet. Sie bieten gegebenenfalls fachliche Hilfe an oder korrigieren medizinische Fehlinformationen von Diskussionsteilnehmern. Unter www.fideo.de gibt es eine Variante für junge Menschen.

Diagnose Depression

Das internationale Klassifikationssystem ICD-10 unterteilt die Depression in verschiedene Formen und Schweregrade.

Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen einmalig auftretenden Depressionen, wiederkehrenden Depressionen und chronisch depressiven Zuständen, die bereits zur Persönlichkeit des Menschen zu gehören scheinen und mal stärker, mal schwächer ausgeprägt sind. Bei den wiederkehrenden Depressionen wird noch einmal zwischen unipolaren (nur niedergedrückt) und bipolaren (niedergedrückt und energiegeladen im Wechsel) unterschieden.

Wie „schwer“ eine Depression ist, hängt von der Anzahl verschiedener diagnostizierter Einzelsymptome ab. Bei schweren Depressionen bestehen drei, bei mittelschweren und leichten Depressionen zwei der folgenden Kernsymptome:

• Niedergeschlagenheit

• Minderung von Interesse und Lebensfreude

• Erhöhte Erschöpfbarkeit

Bei schweren Depressionen bestehen außerdem mindestens vier der folgenden Symptome, bei mittelschweren Depressionen mindestens drei und bei leichten Depressionen mindestens zwei:

• Verminderte Konzentration und Aufmerk­samkeit

• Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen

• Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit

• Pessimistische Zukunftsperspektiven

• Selbsttötungsgedanken, -handlungen oder -versuche

• Schlafstörungen

• Geminderter Appetit

Bin ich depressiv?

Wenn Sie fürchten, dass Ihre Stimmungsschwankungen „nicht mehr normal“ sein könnten, bringt dieser Selbsttest Klarheit

• Fühle ich mich seit längerer Zeit durchgängig traurig, niedergeschlagen oder hoffnungslos?

• Empfinde ich keine Freude, kein Vergnügen mehr, habe ich an vielem oder gar allem, was mich früher interessiert hat, das Interesse verloren?

• Bin ich ständig müde, erschöpft oder fühle ich mich wie ausgebrannt?

• Habe ich keinen Appetit mehr? Habe ich abgenommen, ohne es zu wollen?

• Kann ich seit längerer Zeit schlecht schlafen? Leide ich unter Ein- und Durchschlafstörungen oder wache ich jeden Morgen sehr früh auf?

• Fühle, bewege ich mich und denke ich mit angezogener Handbremse oder bin ich umgekehrt wie unter Strom?

• Habe ich mein sexuelles Verlangen verloren?

• Fühle ich mich wertlos, unfähig, als Versager und quälen mich Schuldgefühle?

• Habe ich in letzter Zeit auffällige Konzentrationsschwierigkeiten, kann ich mir nichts mehr merken?

• Denke ich manchmal über den Tod nach oder darüber, mir etwas anzutun?

Wenn Sie mehr als vier Fragen mit Ja beantworten, leiden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit an einer Depression und sollten sich professionelle Hilfe suchen.

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 4/2015: Depressiv oder nur schlecht drauf?
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