„Als mir meine Hochschule die Aidshilfe vorgeschlagen hat, kam mir das vor wie der rettende Strohhalm. Einen passenden Praxispartner für mein duales Studium zu finden war schwierig. Über HIV und Aids hatte ich zwar nur Schulwissen, aber psychosoziale Begleitung konnte ich mir als Arbeit gut vorstellen.
Beim Bewerbungsgespräch saßen wir zu siebt im Stuhlkreis. Es war eine angenehme Atmosphäre – bis die Frau rechts neben mir sagte: ,Ich bin HIV-positiv. Kannst du dir vorstellen, eng mit mir zusammenzuarbeiten?‘
Ich fühlte mich wie im Freeze. Rational wusste ich: Sie kann mich jetzt nicht anstecken. Gleichzeitig merkte ich, dass ich auf dem Stuhl unruhig wurde und mich anspannte.
„Ich sah, wie gut es den Menschen tat“
Die ersten Wochen vergingen mit der Einarbeitung. Dann sollte ich ein Kochprojekt von HIV-Positiven begleiten.
Beim Zubereiten kam die Unruhe wieder hoch, auch wenn ich es rational besser wusste: Jeder Anwesende nahm Medikamente und war daher nicht ansteckend. Trotzdem spürte ich den Drang, mir öfter die Hände zu waschen. Als mich Klienten umarmten, war ich angespannt.
Erst als wir am Tisch saßen, wurde diese Angst kleiner. Gemeinsam essen ist bei mir mit einem positiven Familiengefühl verbunden. Ich sah, wie gut es den Menschen tat. Darauf konzentrierte ich mich und schaffte es, mich zu entspannen.
Mittlerweile habe ich keine Angst mehr – das Kochen ist sogar mein Lieblingsevent geworden! Trotzdem bewahre ich mir die Erinnerung. Sie hilft mir in der Präventionsarbeit, weil es noch zu vielen Menschen so geht wie mir früher.“