Federico A. ist ein knapp 30-jähriger promovierter Geisteswissenschaftler und Gymnasiallehrer. Er leidet seit Jahren an Depressionen und neuerdings auch an Krebs, nicht nur in Form eines metastasierenden tödlichen Tumors, sondern vor allem in Form einer sein ganzes Leben umfassenden Metapher. Susan Sontag hätte den Patienten, der von sich selbst sagt, er sei jung, vermögend und gebildet, aber unglücklich und allein, nicht gemocht. Es ist jedenfalls nicht einfach, seine konkreten Klagen einerseits ernst zu nehmen, andererseits jedoch seiner verführerisch vorgetragenen Selbstinterpretation als „Krebspersönlichkeit“ nicht nur hinsichtlich seiner individuellen, sondern auch der gesellschaftlichen Ätiologie nicht blind zu folgen und ihn stattdessen sanft auf deren anachronistischen und wie von einem fremden Planeten stammenden Charakter hinzuweisen.
Was will A. überhaupt von mir? Am ehesten könnte man es mit Freuds berühmtem Satz umschreiben, A. wolle sein neurotisches Elend in gemeines Unglück verwandeln. Jenes Unglück, von dem ihn die heuchlerisch konfliktfreie Familie immer ferngehalten hat. Ist er ein sympathischer Patient? Die Beschreibungen seiner verklemmten Upperclassfamilie sind präzise, zynisch und unterhaltsam; seine Anschuldigungen gegen die gehobene Gesellschaft sind allerdings geprägt von derselben sozialen Blindheit und Weltfremdheit, die er ihr vorwirft. A. macht mich ratlos. Es stört ihn nicht weiter. Er will keinen Trost von mir, sondern die Anerkennung seiner Lage.
Aus welchem Buch stammt der beschriebene Patient? Hier finden Sie die Auflösung.