Viel Sitzen und wenig Bewegung schadet nicht nur der Gesundheit, beides ist offenbar auch schlecht für die Entwicklung der Persönlichkeit. Zu diesem Schluss kommt eine neue Auswertung von drei amerikanischen Langzeitstudien mit Daten von knapp 9000 Teilnehmern. Diese füllten zu Beginn Persönlichkeitstests aus und gaben an, wie viel leichte (Spazierengehen, Tanzen, Golfen) und schwere körperliche Aktivitäten (Joggen, Schwimmen, Radfahren) sie sich abverlangten. Nach 20 Jahren überprüften die Forscher, wie sich die Persönlichkeiten der Teilnehmenden verändert hatten.
Die Gewissenhaftigkeit ließ bei den Bewegungsmuffeln demnach stärker nach als bei den Sportlichen. Gewissenhafte Menschen haben ihre Impulse unter Kontrolle, geben sich Mühe und sind verlässlich. Selbst leichte körperliche Betätigung dämmte den Verlust dieser Tugenden ein.
Die Neugier leidet ebenso wie die Kreativität
Frühere Studien hatten nahegelegt, dass Bildung Sportfaule vor sinkender Gewissenhaftigkeit schützt. Aber das funktioniert offenbar nur eine Weile, dann geht es auch bei Gebildeten mit der Gewissenhaftigkeit bergab. Auch die Offenheit für neue Erfahrungen schwindet ungewöhnlich stark, wenn sich die Probanden nicht wenigstens leicht anstrengen. Damit leidet die intellektuelle Neugier ebenso wie die Kreativität. Ein ähnliches Bild ergab sich bei der Extraversion und bei der Verträglichkeit, unter die etwa Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft fallen.
Für den Einfluss von Sport auf die Persönlichkeit sind verschiedene Erklärungen denkbar. So könnte der körperliche Abbau infolge von wenig Bewegung dafür sorgen, dass Menschen weniger diszipliniert und weniger offen werden. Bewegungsmangel könnte auch dazu führen, dass man weniger Leute trifft, was die Extraversion und die Verträglichkeit verringert.
DOI: 10.1016/j.jrp.2018.02.005