Vegetarier ticken anders

Wer auf Fleisch verzichtet, unterscheidet sich von seinen fleischessenden Zeitgenossen in einigen Persönlichkeitsmerkmalen

Gänzlich auf Fleisch oder tierische Produkte zu verzichten finden manche absonderlich. Doch sind es die Menschen, die sich so ernähren, auch? Tatsächlich unterscheiden sie sich – aber eher auf angenehme Weise – in einigen Eigenschaften von den fleischessenden Zeitgenossen. Das ergaben zwei repräsentative Untersuchungen mit jeweils rund 5000 Deutschen zwischen 17 und 96 Jahren. Psychologen der Universität Mainz fragten die Bürger nach ihren Essgewohnheiten, untersuchten Persönlichkeit, politische Haltung sowie den Lebensstandard.

Weiblich, jung, gebildet

In der ersten Erhebung gaben drei Prozent der Teilnehmer an, ausschließlich vegan oder vegetarisch zu speisen. Darunter waren dreimal so viele Frauen wie Männer. Die Gruppe war zudem deutlich jünger und hatte im Schnitt einen höheren Bildungsabschluss als die fleischessenden Teilnehmer. Wer auf Fleisch und tierische Produkte verzichtete, zeigte auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale: Die Personen waren offener für neue Erfahrungen, weniger konservativ und hatten mehr Vertrauen in ihre Mitmenschen. Zudem schienen sie politisch interessierter als Probanden, die Fleisch aßen. Diese Befunde wurden auch in einer weiteren Erhebung bestätigt. Die Definition für Vegetarier wurde darin etwas weiter gefasst. Es zählte dazu, wer vorwiegend vegetarisch oder vegan speiste – in dieser Studie knapp sechs Prozent aller Deutschen. Wieder waren es vor allem die Frauen, die offeneren Gemüter, die politisch Interessierteren und weniger Konservativen.

Vegetarier sind nicht zufriedener mit ihrer Gesundheit

„Fleischkonsum ist in westlichen Gesellschaften Teil einer Tradition, einer sozialen Norm. Wir nahmen daher an, dass eine vegetarische Ernährung mit der politischen Haltung verknüpft ist. Unsere Studien haben das bestätigt“, erläutern Tamara Pfeiler und Boris Egloff. Was zuerst da war, die Geisteshaltung oder die Ernährungsweise, darüber können die Studienautoren allerdings keine Aussagen machen. Was Fleischesser aber vielleicht beruhigt: Gesünder scheint die fleischlose Kost nicht zu sein. Zumindest waren die Vegetarier nicht zufriedener mit ihrer Gesundheit als alle anderen Befragten.

DOI: 10.1016/j.appet.2017.09.005

Artikel zum Thema
Gesellschaft
Vystopie, ist ein depressiv-traumatischer Zustand, unter dem manche Veganer leiden – da sie in einer Welt leben, in der weiterhin geschlachtet wird.
Gesellschaft
Männlichkeitsideale sind eng mit Fleischkonsum verknüpft. Was geschieht, wenn Fleischessen in die Kritik gerät, erklärt der Soziologe Martin Winter.
Beziehung
Toxische Beziehungen: Wie Partner von Narzissten deren Strategien nachahmen.
Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 3/2018: Heilkraft Meditation
Anzeige
Psychologie Heute Compact 78: Was gegen Angst hilft