Der Klimawandel, das Gesundheitswesen und dabei besonders die Covid-19-Pandemie sind in westlichen Demokratien besonders häufig Gegenstand von Desinformationskampagnen. Die Kampagnen drohen Demokratien zu schaden, die auf geteiltem Wissen aufgebaut sind, und stellen die Integrität des Wissens nachhaltig infrage.
Dies schreiben der Kognitionswissenschaftler Stephan Lewandowski und Kolleginnen und Kollegen in einem Überblicksartikel. Sie ermahnen die Kommunikationswissenschaft sowie die Psychologie, die Mechanismen unserer Anfälligkeit intensiver zu erforschen und diese zu kommunizieren.
Falschinformation ohne Meinungsfreiheit
Die Autorinnen und Autoren des Artikels berichten von verschiedenen Erfolgen der Desinformationskampagnen: 16000 klimaskeptische Dokumente, herausgegeben zwischen 1998 und 2013 von US-amerikanischen Thinktanks, hatten verzögerte Entscheidungen gegen den Klimawandel zur Folge. Ein anderes Beispiel: In der Pandemiezeit sei eine erfolgreiche „Online-Anti-Impf-Industrie“ entstanden, die Bücher, Workshops oder alternative Heilprodukte vermarkte.
Gleichzeitig sei das öffentliche Bewusstsein dafür, was Onlinedesinformation ist, mittlerweile gestiegen. Oft sei es Befragten wichtiger, dass Falschinformationen entfernt würden als dass die Meinungsfreiheit erhalten bleibe, so schreibt das Team.
Unter Einbeziehung psychologischer Erkenntnisse über menschliche Informationsverarbeitung seien der Digital Services Act sowie der Code of Practice against Misinformation der Europäischen Kommission entstanden, die dazu beitragen sollen, dass sich Userinnen und User in den digitalen Welten zivilisiert verhalten.
Quelle
Stephan Lewandowsky u.a.: Misinformation and the epistemic integrity of democracy. Current Opinion in Psychology, 2023. DOI: 10.1016/j.copsyc.2023.101711