Miriam Schwager erzählt:
„Dass ich meinen Bruder Rafael an Heiligabend das letzte Mal sehen würde, ist für mich bis heute absurd.
Natürlich wusste ich, dass Depressionen eine schwere Krankheit sind. Aber ich hätte niemals gedacht, dass sie sein Ende bedeuteten.
Unter dem Vorwand, Handschuhe beim Spazieren vergessen zu haben, verließ Rafael am ersten Weihnachtsfeiertag das Haus. Und beging Suizid.
Ich fühlte mich wie im falschen Film: der Unfallort, die Polizei, daneben meine Familie und ich. Was dann geschah, kann ich kaum in Worte fassen. Von einer Sekunde auf die andere fiel ich ins Bodenlose.
Weihnachtsmärkte für ihn miterleben
Wie ich das erste Jahr nach dem Tod meines Bruders aushalten konnte, frage ich mich im Nachhinein auch. Besonders die Tage vor Weihnachten und Geburtstagen waren hart.
Ich musste mich erst rantasten und herausfinden, was mir guttut, aber auch zulassen können, dass es mir gutgeht. Durch Pauli, meinen Hund, lernte ich eine neue Freundin kennen. Sie vermittelt mir immer wieder: Dein Bruder möchte nicht, dass du traurig bist.
In der Vorweihnachtszeit versuche ich nun, bewusst wahrzunehmen, wie schön es ist, Freunde zu treffen oder auf Weihnachtsmärkte zu gehen. Mir ist klargeworden, dass ich die Möglichkeit noch habe, schöne Dinge zu erleben. Ich möchte sie quasi miterleben für meinen Bruder. Das hat fast etwas Spirituelles. Und ich weiß inzwischen auch: Die Tage vor Weihnachten sind hart, aber danach geht es mir besser.“
Kreisen Ihre Gedanken um Suizid? Sprechen Sie darüber! Die Telefonseelsorge hilft anonym und kostenlos unter 0800-1110111, 0800-1110222 oder 116123 und telefonseelsorge.de