Wie sieht ein guter Umgang mit Pornografie in Partnerschaften aus?

Viele Menschen in festen Beziehungen schauen Pornos. Sexualwissenschaftlerin Ursina Donatsch erklärt, wie ein guter Umgang damit aussehen kann.

Die Illustration zeigt die Psychotherapeutin, Paartherapeutin und Sexologin, Ursina Donatsch
Ursina Donatsch ist Psychotherapeutin, Paartherapeutin und Sexologin. © Jan Rieckhoff für Psychologie Heute

Frau Donatsch, Sie haben als Sexualwissenschaftlerin zum Thema Pornografie und Partnerschaft promoviert. Ihre Promotion basiert auf einer Studie mit über 1000 Probandinnen und Probanden. Welches Ergebnis hat Sie besonders überrascht?

Ich war besonders überrascht von der unterschiedlichen Sichtweise der Geschlechter auf das Thema Pornografie: Frauen empfinden ihr eigenes Pornoschauen oft als unproblematisch, während sie den Konsum ihres Partners schwieriger finden. Bei Männern ist es genau umgekehrt: Sie haben eher ein schlechtes Gewissen bezüglich ihres eigenen Konsums, finden aber das Pornoschauen ihrer Partnerin aufregend. Dies führt zu einer Negativspirale: Männer, die sich wegen ihres Pornokonsums schämen, schauen eher heimlich, was wiederum ihre Partnerinnen als noch bedrohlicher erleben, weil sie das Gefühl entwickeln, dass ihre Männer etwas zu verbergen haben. Die Ergebnisse meiner Studie haben gezeigt: Wenn offen und mit positiver Einstellung Pornos geschaut werden, dann geht das einher mit einer höheren Zufriedenheit mit der Paarsexualität. Und wenn innerhalb der Beziehung über das Pornoschauen geredet wird, hat das ebenfalls einen positiven Effekt auf die sexuelle Zufriedenheit und sogar auf die Beziehungszufriedenheit.

Warum schauen Menschen, die in einer festen Beziehung sind, überhaupt Pornos?

Weil sie eine Quelle der Erregung für die Solosexualität darstellen. Gut gepflegte Solosexualität, ob mit oder ohne Pornos, ist keine Bedrohung für die Partnerschaft. Im Gegenteil: Sie ist sogar eine wichtige Basis für eine erfüllte partnerschaftliche Sexualität. Solosex ermöglicht, die eigenen Bedürfnisse besser zu verstehen und damit auch offener und zufriedener in die gemeinsame Sexualität zu gehen.

Sollte man Pornos besser allein oder gemeinsam schauen?

Das eine schließt das andere nicht aus. Ich empfehle eine gute Balance: Bei der Solosexualität sollten gelegentlich auch eigene Fantasien anstelle von Pornos genutzt werden. Und generell gilt: Den Fokus bewusst auf das Körpergefühl legen – spüren, wie sich die Berührungen anfühlen, wo und mit welchem Druck, und den Körper dabei in Bewegung halten, statt passiv und verkrampft auf den Bildschirm zu starren. Das gemeinsame Pornoschauen reguliert sich meistens von selbst, da besteht keine Gefahr, dass es überhandnimmt.

Wie können Pornos die Paarbeziehung bereichern?

Pornos können Paarbeziehungen auf verschiedene Weise bereichern. Sie ermöglichen Paaren, neue Ideen für ihre Sexualität zu entdecken, und helfen, persönliche Wünsche und Grenzen besser zu verstehen. Das gemeinsame Schauen fördert auch die Kommunikation über sexuelle Vorlieben, was das gegenseitige Vertrauen stärken kann. Wichtig ist jedoch, dass das Schauen als Ergänzung zum Paarsex dient und nicht als Ersatz für echte Intimität.

Was raten Sie Menschen, die den Pornokonsum ihres Partners, ihrer Partnerin als eine Art Untreue empfinden und verunsichert sind?

Ich würde empfehlen, das Gespräch mit dem Partner oder der Partnerin zu suchen und die eigenen Gefühle offen anzusprechen. Es ist wichtig, dass die Partnerperson versteht, was genau die Ängste und Unsicherheiten sind und was am Pornoschauen bedrohlich wirkt. Ebenfalls rate ich, gemeinsam herauszufinden, ob der Partner das Pornoschauen als Ergänzung oder als Ersatz für den Paarsex sieht. Oft besteht nämlich ein Missverständnis, dass das, was im Porno geschaut wird, den realen Wünschen für den gemeinsamen Sex entspricht. Solche Gespräche entlasten in der Regel sehr und fördern das Vertrauen.

Ursina Donatschs Buch Pornos und Partnerschaft. Lust oder Last? ist bei Hogrefe erschienen (192 S., € 25,–)

Dr. phil. Ursina Donatsch, Psychotherapeutin, Paartherapeutin und Sexologin, therapiert, schreibt, doziert und forscht zu den Themen Beziehung und Sexualität.

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