Die Geschichte der Arbeit ist eine Geschichte des Wandels. Seit Beginn der 2000er Jahre verändert eine rasante Technologieentwicklung die Arbeitsbedingungen. Das Doppelgesicht der Arbeit, die uns erfüllt, aber auch eine Quelle von Frustrationen sein kann, tritt deutlich hervor. Drei Bücher befassen sich mit Arbeitslust und Arbeitsfrust.
Claas Lahmann, Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, ist überzeugt, dass Arbeit glücklich macht, weil sie unsere Grundbedürfnisse nach Struktur, Sozialkontakten, Identität und regelmäßiger Aktivität befriedigt. Sein Buch will ein Wegweiser sein durch den Dschungel der heutigen Arbeitswelt, kann aber keine psychologische Beratung oder Therapie ersetzen.
Love it, change it or leave it – diese drei Schritte eines bekannten Problemlösungskonzeptes bilden das Gerüst des Sachbuches. Die Formel bedeutet: Wenn dir etwas im Leben nicht gefällt, hast du die Wahl, die Situation anzunehmen, wie sie ist (love it), sie zu verändern (change it) oder sie zu verlassen (leave it). Unter dem Punkt Love it wird etwa gefragt, was eine gute Arbeitsstelle von einer schlechten unterscheidet. Es gebe vier Prinzipien, die unsere berufliche Zufriedenheit entscheidend beeinflussten: Autonomie, eine positive Geben-und-Nehmen-Bilanz, Gerechtigkeit und psychologische Sicherheit (das Gefühl, gut aufgehoben zu sein).
Change it kann man als Anleitung für einen besseren Arbeitsalltag verstehen. Man lernt unter anderem verschiedene Konfliktarten und Streitschlichtungsmodelle kennen. Unter dem Stichwort „Führung von unten“ wird eine bewusste, subtile Einflussnahme von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf ihre Vorgesetzten vorgestellt. Leave it behandelt die Frage, ob man kündigen oder ausharren soll. Hier rät der Autor zur Besonnenheit. Studienergebnisse deuteten darauf hin, dass sich die Arbeitszufriedenheit nach einem Berufswechsel auf lange Sicht sogar in vielen Fällen verschlechtere.
Arbeiten, wo die Seele nicht krank wird
Dass es Toxic Jobs gibt, die eine Kündigung dringend notwendig machen, davon ist der Psychologe Rolf Schmiel überzeugt. Ihm geht es um die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz. „Nur dort, wo Menschen so arbeiten können, dass ihre Seele nicht krank wird, blüht auch das Unternehmen.“
Schmiel beschreibt zunächst anhand vieler Praxisbeispiele „Mobbing“, „Bossing“ und „eklige Chefs“. Im zweiten Teil seines Sachbuches geht es um den „Skandal der Ignoranz“, denn die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz werde politisch viel zu wenig wahrgenommen: „Wir gehen heute mit den Seelen der Arbeitskräfte genauso rücksichtslos um wie zu Beginn der Industrialisierung mit ihren Körpern.“ Diese „mentale Ausbeutung“ belegt der Autor mit Fakten der Krankenkassen und aus Umfragen. Nur ein Beispiel von vielen: Mehr als 40 Prozent derer, die 2022 wegen eingeschränkter Erwerbstätigkeit vorzeitig in den Ruhestand gingen, nannten psychische Belastungen als Grund.
Bei den bekanntgewordenen Mobbingfällen seien in etwa der Hälfte der Vorkommnisse Vorgesetzte dafür verantwortlich. Es fehle ein Anti-Mobbing-Gesetz wie in Frankreich, Schweden oder Finnland. Die politisch Verantwortlichen werden hart angegangen. „Es ist für mich als Psychologe kaum auszuhalten, wie die Politik mit der psychischen Not der Bevölkerung umgeht.“ Auch in vielen Betrieben gebe es für die seelischen Nöte der Beschäftigten keinen Raum. Manchmal stünden sich die Beschäftigten allerdings auch selbst im Weg. So neigten sensible Menschen dazu, Anweisungen oder Fragen als persönliche Angriffe misszuverstehen. Rolf Schmiel hat ein wichtiges Buch geschrieben. Er zeigt gravierende Missstände auf und formuliert konkrete Forderungen.
„Machen macht glücklich“
Auch Ingo Hamm zeigt in seinem Sachbuch, dass viele Beschäftigte ausgepowert sind und nach Sinn suchen. Der Wirtschaftspsychologe untersucht im ersten Teil den „Leistungsfrust“ der jungen Generation und fragt dann, was Menschen bewegt, die etwas leisten wollen. Am Schluss feiert er die Arbeit als die ultimative Sinngebung.
Leistung sei verpönt, auch weil die moderne Arbeitswelt auf ökonomische Optimierung setze und nicht auf Förderung der Kompetenzen, die eingekauft und nicht entwickelt würden. Materielle Extras zerstörten häufig die Leistungslust, weil Beschäftigte sich nicht wegen der Sache für einen Job begeisterten, sondern wegen Anreizen, die mit dem Job nichts zu tun hätten. Leistung sei anstrengend, mache aber psychologisch betrachtet glücklich. „Jeder ‚Bullshit-Job‘ kann zum Glücksberuf werden, wenn ich mir meines inneren Antriebs bewusstwerde.“ Leistungslust brauche keinen Sinn, sie mache Sinn – Sinn durch Selbstwirksamkeit. „Machen macht glücklich“ – das ist das Credo eines Autors, der wenig von Gleichheit und Mitbestimmung hält und das freie, autonome Individuum preist. Gleichwohl ein interessantes Buch mit vielen Anregungen und einem informativen Serviceteil für Menschen, die sich neu orientieren und über ihre Arbeitssituation reflektieren wollen.
Nicht Geld, sondern Wertschätzung ist entscheidend für Arbeitszufriedenheit und Leistungsbereitschaft – das betonen alle drei Autoren.
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Claas Lahmann: Wie Arbeit glücklich macht und wann man darüber nachdenken sollte, den Job zu wechseln. Rowohlt 2025, 284 S., € 18,–
Rolf Schmiel: Toxic Jobs. Warum die Arbeit so viele in den Wahnsinn treibt und wie wir das ändern können. ZS 2024, 238 S., € 19,99
Ingo Hamm: Lust auf Leistung. Wie wir Arbeit (wieder) lieben lernen. Vahlen 2024, 288 S., € 24,90