Meine Freundin im Büro

Es ist schön, wenn man mit Kolleginnen oder Kollegen befreundet ist. Forschende zeigen nun, dass es ein kleine Nebenwirkungen gibt.

Arbeit und Freundschaft sind kein grundsätzlicher Widerspruch, aber es gibt ein paar Nebenwirkungen zu beachten. © Luis Alvarez/Getty Images

Eine Kollegin in der Abteilung ist zugleich eine gute Freundin – wie schön. Forschungen zeigen: Es kann das Gefühl der Zugehörigkeit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz verstärken, die Kreativität und Zusammenarbeit fördern. Nun zeigen die Forscherinnen Ulrike Fasbender, Anne Burmeister und der Forscher Mo Wang, dass damit auch nicht ganz so positive Nebenwirkungen einhergehen können: In zwei Studien mit insgesamt rund 950 Teilnehmenden aus unterschiedlichen Branchen und jeweils drei Befragungen berichteten diejenigen, die mit Kolleginnen und Kollegen befreundet waren, dass es für sie nicht immer leicht war, die unterschiedlichen Erwartungen, Normen und Anforderungen, die beide Rollen mit sich bringen, zu vereinbaren. Das führte zu Erschöpfung – und dann konnten sie unhöflich oder abweisend werden, jedoch nicht der Freundin, dem Freund gegenüber, sondern anderen Kollegen oder Kolleginnen – die es dann quasi abbekamen.

Arbeit und Freundschaft, das bedeutet auch, inkompatible Erwartungen und Anforderungen unter einen Hut zu bringen, wie die Forscherinnen und der Forscher schreiben: Einerseits möchte man niemanden bevorzugen. Ist unter den Kollegen ein guter Freund, so möchte man sie oder ihn eben doch bevorzugen und Zuneigung schenken. In einem Betrieb werden nicht alle Informationen gleichermaßen geteilt. Freundinnen hingegen gehen meistens sehr offen miteinander um und teilen vieles. In einer Freundschaft ist gegenseitige Akzeptanz die Basis für konstruktive Kritik – aber von einer befreundeten Kollegin kritisiert zu werden, ist etwas anders, als wenn man zu dem Kritiker ein rein kollegiales, professionelles Verhältnis hat.

Spannungen zwischen den Rollen

Der Fachbegriff dafür lautet „Rollenkonflikt“, weil sich Menschen in bestimmten Situationen entscheiden müssen, welche Rolle sie gerade einnehmen, wie sie sie erfüllen können und welche sie zunächst zurückstellen. Laut der Forschenden ist das eine Frage der Selbstregulation. Rollenkonflikte können, das zeigten die beiden Studien, auch zu Gefühlen der Überforderung fühlen – dann könnten die Personen die Perspektive der unbeteiligten Kolleginnen nicht mehr einnehmen. Die Wissenschaftlerinnen und der Wissenschaftler zitieren Forschungen, wonach zwischen unseren beruflichen und persönlichen Rollen (Eltern, Freundinnen) auch sonst immer wieder Spannungen entstehen. Diese sehr unterschiedlichen und teilweise konkurrierenden Anforderungen unter einen Hut zu bringen, ist anstrengend, kann die Konzentration beeinträchtigen und man wird gereizter und unhöflicher. In der Studie zeigte sich, dass es bei den Freundschaften am Arbeitsplatz auch auf das Vertrauen in die eigene Fähigkeit ankommt, die beiden Rollen zu managen.

Ulrike Fasbender u. a.: Managing the risks and side effects of workplace friendships: The moderation role of workplace friendship self-efficacy. Journal of Vocational Behavior, 2023. DOI: 10.1016/j.jvb.2023.103875

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