Das ist doch unnötig!

Warum Zeitdruck nicht gleich Zeitdruck ist. Ob er uns stresst, hängt von den Umständen ab und davon, ob wir überhaupt Zeit haben, darüber nachzudenken.

Wenn wir eine Verzögerung für ungerechtfertigt halten, verstärkt das unseren Stress © Maria Korneeva/Getty Images

Etwas noch ganz schnell fertigmachen…Zeitdruck gehört zum Berufsleben dazu. Forschungen zeigen, dass Zeitknappheit immer wieder als die Herausforderung Nummer eins berichtet wird. Wir fühlen uns dadurch unter Druck gesetzt, aber wenig Zeit haben beflügelt und motiviert auch. Doch was, wenn wir das Gefühl haben, es ist im Grunde unnötig, wenn wir also denken: Das hätte nicht sein müssen oder warum muss ich das jetzt machen und auch noch so schnell? Forscherinnen und Forscher nennen das illegitimen Zeitdruck. Und dieser kann als ein eigenständiger Stressfaktor gesehen werden, so das Ergebnis einer Studie der Psychologin Anja Baethge und ihrer Kollegen Marcel Kern und Norbert K. Semmer.

Die Forschenden befragten 117 Erwerbstätige aus unterschiedlichen Branchen in einer fünftägigen Tagebuchstudie und in drei wöchentlichen Befragungen, wie sie Zeitdruck erlebten, ob es dabei um Dringlichkeit ging (wie beispielsweise bei einem Notfall) oder ob sie ihn nicht gerechtfertigt fanden (etwa wenn Feedback nicht rechtzeitig kommt und sich so die Zeit bis zum Abgabetermin verkürzt oder wenn wir die Aufgabe, die in kurzer Zeit zu erledigen ist, für nicht wichtig halten), wie sich dies auf ihre Leistungen und Motivation auswirkte und inwieweit sie sich dadurch belastet oder erschöpft fühlten.

Die Auswertung ergab, dass es vor allem als illegitim erlebter mittlerer Zeitdruck war, der als belastend empfunden wurde. Wie die Forschenden erläutern, fokussieren wir uns bei hohem Zeitdruck sehr stark, haben nur die gerade anstehende Aufgabe im Blick. Warum die Zeit knapp ist, interessiert uns in diesem Moment nicht und wir hinterfragen es nicht.

Legitim oder eben nicht

Ist der Zeitdruck weniger ausgeprägt, fangen wir eher an nachzudenken, wie dringend eine Angelegenheit wirklich ist und was die Ursachen für die Knappheit sein könnten. Finden wir sie unnötig oder ungerechtfertigt, beginnen wir uns zu ärgern – und so entsteht zusätzlicher Stress.

Wie die Wissenschaftlerin und die Wissenschaftler schreiben, sollte die Forschung das Gefühl der llegitimität von Ereignissen in der Arbeitswelt generell stärker in den Blick genommen werden. Vorkommnisse, die für unnötig gehalten werden, gelten schnell als hinderlich für die eigenen Ziele und könnten so Stress auslösen.

Quelle

Marcel Kern u. a.: Energized or distressed by time pressure – The role of time pressure illegitimacy. European Journal of Work and Organizational Psychology, 2023. DOI: 10.1080/1359432X.2023.2198708

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