Ältere Beschäftigte, die sich wegen ihres Alters diskriminiert fühlen, neigen dazu, ihr Wissen weniger mit jüngeren Kolleginnen und Kollegen zu teilen. Der Grund: Sie fühlen sich – bedingt durch die Diskriminierung - beruflich weniger fähig und abgewertet, sowohl in ihrer sozialen als auch in ihrer persönlichen Identität. Dies ist das Ergebnis zweier Studien, in denen in zwei Studien mehrerer Hundert Angestellte unterschiedlicher Branchen – vom Gesundheitsweisen über den öffentlichen Dienst bis hin zur Industrieproduktion – befragt wurden: Ältere ab 50 und Jüngere unter 35 Jahren. Die Studie belegt nach Angaben der beiden Autorinnen, dass das Gefühl der beruflichen Selbstwirksamkeit leidet, wenn sich Ältere diskriminiert fühlen. Sie verinnerlichten die negativen Stereotype. Das habe zur Folge, dass sie sich zurückziehen und ihr Wissen nicht teilen – aus Angst, ihre Kenntnisse könnten nicht richtig oder irrelevant sein.
Die Forscherinnen luden für die erste Studie Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein und ließen jede Person eine Kollegin oder einen Kollegen der jeweils anderen Altersgruppe vorschlagen. Auf diese Weise entstanden 100 Paare aus Alt und Jung. Die älteren Befragten gaben Auskunft darüber, wie fit und fähig sie sich fühlten, berichteten, ob sie sich wegen ihres Alters benachteiligt fühlten und gaben an, ob sie ihr Wissen bei der Arbeit mit jüngeren teilten. Die Jüngeren gaben an, inwieweit die ältere Kollegin oder der Kollege ihr Wissen mit ihnen teilten. Für die zweite Studie wurden zu drei Zeitpunkten mehrere Hundert Beschäftigte aus größeren Unternehmen in Großbritannien befragt. Hier wurde zusätzlich erhoben, ob es in den Firmen altersspezifische Personalmaßnahmen gab und ob diese sich auf Wissensweitergabe und Altersdiskriminierung auswirkten.
Erfahrungswissen ist immer noch wichtig
Es zeigte sich, dass die Maßnahmen sich aus Sicht der Befragten offenbar positiv auf die Weitergabe von Wissen auswirkten, jedoch die Altersdiskriminierung nicht abschwächten, berichten die Psychologinnen. Sie weisen darauf hin, dass Stereotype, Vorurteile und Diskriminierung in Unternehmen und Organisationen generell von Nachteil seien, nicht nur für Betroffene, sondern auch für andere. Wenn weniger Wissen geteilt werde, hätten die Jüngeren weniger Möglichkeiten, davon zu lernen. Und das so genannte „implizite Erfahrungswissen“ spiele unverändert in vielen Unternehmen eine zentrale Rolle.
Es sei wichtig, Führungskräfte und Mitarbeiter aufzuklären. Denn Vorurteile zeigten sich fast immer irgendwann im Verhalten. Es gehe nicht nur um offensichtliche und direkte Benachteiligung, sondern auch um die kleinen und oft unbewussten Verhaltensmuster, schreiben die Forscherinnen und meinen damit Sprechgeschwindigkeit, Witze oder kleinere, scheinbar unbedeutende Kommentare. Diversitätstrainings seien sinnvoll, vor allem, wenn sie über mehrere Sitzungen verteilt seien und es Zeit gebe, zu reflektieren und zu üben. Zusätzlich sei es hilfreich, wenn Betroffene die Möglichkeit hätten, über ihre Erfahrungen zu sprechen, je nach Situation mit Personalverantwortlichen, Vorgesetzten oder Betriebsräten.
Ulrike Fasbender, Fabiola H. Gerpott: To share or not to share: A social-cognitive internalization model to explain how age discrimination impairs older employees´ knowledge sharing with younger colleagues. European Journal of Work and Organizational Psychology, 2020. DOI: 10.1080/1359432X.2020.1839421