Wenn Männer so sind wie im Buch von Claudia Christ und Ferdinand Mitterlehrern beschrieben, dann interessieren sie sich für Autos und Arbeit, fürs Trinken und Treten, aber wohl eher kaum für die Lektüre von Selbsthilfebüchern. Die Autoren versuchen denn auch in ihrem Buch No Bullshit. Mutiger Mann sein, die vielfältigen Defizite des Bullshit-Manns zu beheben.
Sie holen den Leser sprachlich dort ab, wo sie ihn sehen, nämlich ganz nah bei seinem Lieblingsgefährten, dem Auto. Weil der moderne Mann Schwierigkeiten mit der Introspektion hat, schicken sie ihn stattdessen zur „Inspektion“: „Blinkende Kontrolllampen“ seien zu beachten, den „Projekt-Lkw“ solle man besser „nicht die ganze Nacht“ hindurch fahren, stattdessen besser zum „Kurz-TÜV“, am besten noch bevor der „Tank“ leer sei, denn sonst helfe auch kein „Ego-Polish“ mehr.
Bücher über das Auslaufmodell „Mann“ liegen im Trend: „Männer müssen wie Frauen sein, Frauen wie Männer“, resümiert die Soziologin Eva Illouz diese Entwicklung. Der moderne Mann soll mit No Bullshit lernen, mit seinem Körper, Geist und seinen Liebsten verantwortungsvoll und vorbildhaft umzugehen. Das Buch strotzt in jedem Kapitel vor „Zahlen, Daten, Fakten“, sicher auch um dem auf Vernunft geeichten Mann die Rezeption zu erleichtern. Dadurch liest es sich wie der ständige Griff in eine Popcornschüssel. Jede einzelne Information ist für sich genommen ganz schmackhaft. Aber nach einer Weile stellt sich Übersättigung ein, denn es wird zu viel desselben aufgetischt.
Der "Bullshit-Mann"
Weil sich das Männerthema beliebig mit jedem anderen verbinden lässt, kommt so ziemlich alles einmal kurz vor: Sexualität, Persönlichkeitsstörungen, Burnout, Kriminalität, Umweltschutz, Drogen, Vaterschaft und vieles mehr. Immer wieder schaffen es die Autoren, auf einer einzigen Seite zusammenzubringen, was beim Männerthema anscheinend irgendwie zusammengehört: etwa persönliche Ziele mit Straftätern und Gerechtigkeitsempfinden sowie der Frage, ob man schon Donnerstag smart casual tragen darf. Auch wenn das Buch von seinen Lesern ein Bekenntnis zum persönlichen „Sinn“ fordert, scheint es ihn nicht selbst mit Sinnzusammenhängen überfordern zu wollen.
Das avisierte Publikum muss ein anderes sein als der anfangs beschriebene „Bullshit-Mann“. Das Buch muss sich an die Männer richten, die sich eben doch die Zeit nehmen, über sich nachzudenken – und zur Unterstützung ihrer Reflexion zu einem Buch greifen. Lesen werden das vermutlich diejenigen gern, die zum geschilderten Bullshit-Bild schon auf Distanz gegangen sind.
Das Buch liest sich schnell und launig, und das muss wohl auch so sein, um die inhaltlichen Sprünge und Lücken zu überdecken: Wenn im Buch Internetsucht durch exzessiven Internetgebrauch oder Ablenkung durch Vermeidung erklärt wird, bewegt man sich in ganz engen Zirkeln. Aber vielleicht ist Logik ja auch eins von diesen typisch männlichen Dingen, die total überschätzt werden.
Claudia Christ, Ferdinand Mitterlehner: No Bullshit. Mutiger Mann sein. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2017, 285 S., € 19,99