Körper und Seele sind gemeinsam stark – wenn sie gut zusammenspielen. Wie wir diese „Teamarbeit“ fördern können, erfuhren rund 200 Besucher bei der ersten gemeinsamen und ausverkauften Veranstaltung von Psychologie Heute live! und der Berliner School of Life in der Berliner Kulturbrauerei.
In dem Podiumsgespräch mit Moderator Martin Ebeling warben Experten aus Psychologie und Medizin dafür, jeder solle sein eigener Therapeut und Experte für sich selbst werden, um Gesundheit und Wohlbefinden schützen zu können.
Psychologie Heute-Autorin und Achtsamkeitslehrerin Anke Nolte eröffnete die Runde mit einer buddhistischen Atemübung, zu der sie die Besucher ermutigte. Wer es lerne, auf diese Art oder mit Hilfe von Meditation auch in schwierigen Situationen zwischendurch zur Ruhe kommen, spüre das Gefühl von Selbstwirksamkeit, also die Möglichkeit, etwas tun zu können. Dazu gehöre auch, schwierige Gefühle erst einmal wahrzunehmen und benennen zu können. Gefühle, so die Empfehlung von Anke Nolte, sollte man nicht unterdrücken, sich allerdings auch nicht von ihnen einnehmen lassen, sich nicht mit ihnen identifizieren. In dieser Hinsicht könne jeder sein eigener Therapeut sein.
Nolte erklärte, Achtsamkeit sollte schon in Schulen gelehrt werden. Sie räumte aber auch ein, dass Achtsamkeit und das Wahrnehmen von Gefühlen trainiert werden müsse und dies ein langer Prozess sein könne. Nolte berichtete von Studien, wonach sich nach längerer Meditation das Angstzentrum im Gehirn, die Amygdala, zurückbilde. Meditationserfahrene produzieren demnach in Stresssituationen weniger Cortisol und müssen dann auch weniger davon wieder abbauen.
Mehr Pausen, mehr Schlaf
Die Wissenschaftsjournalistin und Buchautorin Regine Hauch berichtete über die Macht des Immunsystems, das sie als „unbekanntes Superorgan“ bezeichnet – so auch der Titel ihres Buches. Das Immunsystem habe nicht nur die Gesundheit zu schützen, sondern auch seinerseits Stimmung und Psyche zu beeinflussen. „Das Gehirn kriegt mit, was das Immunsystem macht und umgekehrt“, sagte Hauch und verwies auf die immer wieder nachgewiesene schädliche Wirkung vor allem von Langzeit-Stress. Auch Hauch sieht eine Tendenz, dass viele Menschen zu wenig Experte für sich selbst seien und zu schnell die Verantwortung für das eigene Wohlbefinden und die Gesundheit an den Medizinbetrieb abgäben. Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, heißt für die Autorin beispielsweise, „runterzuschalten“, Pausen zu machen und mehr zu schlafen.
Aus Sicht des Mediziners, Psychologen und Psychotherapeuten Helmut Albrecht ist die Psyche ein Teil des Körpers – psychische Erkrankungen seien immer auch körperliche Erkrankungen. Albrecht will es jedoch nicht dabei belassen, dass jeder sich selbst allein vor sich hin „behandelt“, vielmehr gehöre dazu auch zu erfahren, wie andere uns sehen, und das auszuhalten. Auf die Frage einer Besucherin, wie der Widerspruch zwischen „der Körper sagt, es geht nicht“ und „ich darf meinen Job nicht verlieren“ aufzulösen sei, antwortete der Psychotherapeut, auch das zeige die Gratwanderung zwischen der Selbstwahrnehmung und der Frage, wie andere uns wahrnehmen. Doch wer sich diesem Thema stelle, könne viel über sich selbst lernen.
Die eigenen Antreiber hinterfragen
Seine „Diagnose“, die er den Besuchern mit auf den Weg gab: Konfliktfähigkeit sei „bei uns ganz schwierig“. Jeder müsse deshalb soziale Kompetenz lernen. Innerhalb von Familien komme es bei Konflikten schnell zu Schuldzuweisungen, die nichts zur Lösung von Konflikten beitrügen. Auf diese gelte es zu verzichten und wegzukommen von „du musst“ oder „du sollst“.
Albrecht beschrieb Menschen als widersprüchliche Wesen: Der Mensch sei ein „Stachelschwein“, das Nähe suche und zugleich Angst davor habe. Seine Empfehlung: Sich selbst zu fragen, „was machst du mit deinem Leben“ und sich den eigenen Emotionen zu stellen. Der Mediziner warb außerdem für mehr Wertschätzung und berichtete aus seiner Tätigkeit als Psychotherapeut, wie schädlich Mobbing und fehlende Wertschätzung seien. Ein Burnout drohe, so Albrecht weiter, wenn die Erholungsfähigkeit verloren gehe. Dann sei es höchste Zeit, die eigenen inneren Antreiber zu hinterfragen. Denn: „Psychosomatische Beschwerden sind eine Rebellion“.
Psychologie Heute startete im vergangenen Jahr die Veranstaltungsreihe Psychologie Heute live! und plant weitere Kooperationsveranstaltungen mit der Berliner School of Life.
https://www.theschooloflife.com/berlin/
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