Eine aufreibende Partnerschaft, in der Streit und gegenseitige Vorhaltungen an der Tagesordnung sind, ist nicht nur psychisch zermürbend. Ständiger Stress in diesem besonders sensiblen Lebensumfeld fördert chronische Entzündungen im Körper – und kann damit zu Erkrankungen führen, die mit solchen Entzündungsprozessen in Verbindung stehen. Dazu zählen neben Diabetes und Herz-Kreislauf-Leiden auch Depressionen.
Doch wie kommt es zu dieser Verknüpfung? Mehrere biologische Pfade werden in der Forschung diskutiert – einen neuen hat nun die Verhaltensmedizinerin Janice Kiecolt-Glaser mit ihrem Team an der Ohio State University hinzugefügt. Dieser Pfad führt über den Darm.
Die Forscher luden 43 seit mindestens drei Jahren verheiratete Paare im Alter zwischen 24 und 61 Jahren ins Labor ein und befragten sie über ihre Partnerschaft. Dann wurden die Paare aufgefordert, einen besonders kontroversen Konfliktstoff – gefürchtete Themen waren Geld und angeheiratete Familienmitglieder – zwanzig Minuten lang miteinander zu diskutieren und „nach Möglichkeit zu lösen“. Zwar waren die beiden während dieses Disputs unter sich, doch die Videoaufnahmen wurden später von den Forschern ausgewertet. Insbesondere begutachteten diese, wie feindselig die Partner miteinander stritten. Dazu zählten Indizien wie dramatisches Augenrollen oder verletzende persönliche Kritik.
Streit schlägt auf den Darm und von dort in den ganzen Körper
Das Ergebnis: Bei Partnern, die feindselig miteinander stritten, machten die Wissenschaftler einen hohen Wert des Biomarkers LBP aus. Er ist ein Hinweis auf Bakterien, die durch eine krankhaft poröse Darmwand in den Blutstrom geraten sind. Bakterien in der Blutbahn sind gefährlich, denn sie können überall im Körper Entzündungsreaktionen auslösen. Und tatsächlich stand LBP in enger Verbindung mit einem anderen Biomarker, dem C-reaktiven Protein, das Entzündungen anzeigt. Womöglich schlug der Ehestress also auf den Darm – und von dort über das Blut auf den restlichen Organismus.
„Ehezwist ist eine besonders starke Belastung“, erläutert Kiecolt-Glaser, „denn typischerweise sollte der Partner die primäre Quelle von Unterstützung sein. In einer aufreibenden Ehe jedoch wird der Partner zu der primären Quelle von Stress.“
DOI: 10.1016/j.psyneuen.2018.08.007