Frau Heuser, wann sollte man anfangen, sich mit dem Wohnen im Alter zu beschäftigen?
So früh wie möglich. Eine gute Gelegenheit ist, wenn die eigenen Eltern alt werden und man anfängt, darüber nachzudenken, wie die Versorgung organisiert werden kann. Oder wenn die eigenen Kinder ausziehen und man das Zuhause eh umgestalten möchte. Oft stellt sich dann die Frage, ob man noch mal ins Haus oder die Wohnung investiert oder lieber umzieht. In dieser Phase hat man noch die Ressourcen, sich um etwas Neues zu kümmern, und Kontakte, die man aufgreifen kann. Sie müssen wissen: Bevor gewohnt wird, vergehen oft bis zu fünf Jahre.
Wohnen im Alter bedeutet oft Verkleinerung
Warum schieben so viele Menschen das Thema trotzdem auf?
Der Umzug vom Familienhaus in eine barrierefreie Wohnung oder eine WG bedeutet häufig eine Verkleinerung. Um diesen Schritt zu gehen, muss man die Vorteile für sich sehen: zum Beispiel dass man in einer barrierefreien Wohnung länger selbständig wohnen kann.
Wie gelingt es, ein Projekt auf die Beine zu stellen?
Ein gemeinsames Thema hilft. Wenn man sich zum Beispiel für eine bestimmte Bauweise interessiert und darüber austauscht, ist es leichter, dranzubleiben.
Senioren-WG: Wohnen mit Freunden
Sind WGs unter Freunden die Zukunft?
Das Zusammenleben mit Freunden ist herausfordernd. Man teilt einen sehr privaten Raum und muss sich immer wieder abstimmen. Wenn das Zusammenleben nicht funktioniert, verliert man vielleicht nicht nur die Mitbewohnerin, sondern auch die Freundin. Deshalb sollte man früh darüber sprechen, wie man sich gut wieder trennt, falls das Zusammenleben nicht klappt. Es kann einfacher sein, mit Fremden zusammenzuziehen, die keine Erwartungen an einen haben. So oder so raten wir, früh Hilfe von außen dazuzuholen, sollte es zu Konflikten kommen. Gute Ansprechpartner sind zum Beispiel die Wohnberatungsstellen.
In Mehrgenerationenprojekten wohnen Alt und Jung zusammen. Sind solche Wohnformen die bessere Alternative?
Nicht jeder mag Kinderlärm. Außerdem können unterschiedliche Bedürfnisse aufeinanderstoßen. Die jüngeren Bewohner sehnen sich nach einem anstrengenden Arbeitstag vielleicht nach Ruhe und haben keine Lust auf ein Gespräch mit der Nachbarin, die sich freut, wenn endlich jemand zum Reden kommt oder die Lampe repariert. Was niemals funktioniert: Wenn Familien glauben, sie bekommen automatisch Wahlgroßeltern, die auf die Kinder aufpassen. Oder wenn Ältere glauben, dass die Jüngeren sie im Ernstfall versorgen.
Welche Wohnmöglichkeiten gibt es noch?
Zum Beispiel das betreute Wohnen. Dort hat jeder seine abgeschlossene Wohnung, es werden aber auch gemeinsame Aktionen organisiert. Man hat seinen Privatbereich, aber auch die Gemeinschaft.
Was raten Sie Menschen, die sich für eine neue Wohnform interessieren?
Schauen Sie sich verschiedene Projekte an. In allen Bundesländern gibt es Wohnberatungsstellen. Bei ihnen kann man sich erste Informationen holen. Die Beraterinnen kennen die Wohnprojekte in der Region und wissen, wann es dort einen Tag der offenen Tür oder Ähnliches gibt. Im Moment passiert sehr viel in diesem Bereich, denn alle wissen: Wir brauchen neue Wohnkonzepte.
Natalia Heuser ist Diplomingenieurin und arbeitet bei der Hessischen Fachstelle für Wohnberatung. Die Fachstelle koordiniert die Wohnberatung in Hessen und bietet regelmäßig Fortbildungen für Berater und Handwerkerinnen an.
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