Unter den Konsumtrends des Jahres 2023 schäumt einer besonders hervor: Immer häufiger öffnen die Deutschen eine Flasche alkoholfreien Bieres. Der Absatz hat sich in den letzten zehn Jahren gar verdoppelt. In Zeiten sozialer Polarisierung ist das eine hoffnungsvoll stimmende Nachricht. Lange spaltete der identitätsstiftende Bierkult die Nation in Abstinenzler und Trinker. Erst in den 1970er Jahren kam das erste alkoholfreie Bier auf den Markt. Doch es blieb ein Nischenprodukt und Clausthaler-Konsumenten wurden als Warmduscher belächelt.
Mit alkoholfreiem Bier als Massenprodukt hingegen wird der Identitätsgraben zwischen nüchternen Spaßbremsen und beschwipsten Feierbiestern kleiner. Das verrät einiges über den Wandel von sozialen Rollen und Identitätsvorstellungen. Der Zürcher Psychologe Eric Lippmann sagt: „Wir haben mehr als nur eine Identität, wir haben ein inneres Team.“ In diesem Sinne ist beim Trinken Schluss mit dem identitären Reinheitsgebot – heute kann man problemlos Bierliebhaber und Abstinenzler in einer Person sein. Prost!